Ulf. Mehr oder minder täglich Privatkram.

Die zehntausendste Zigarette.

Kategorie: Verschiedenes

Vor gut acht Monaten, genauer: vor 250 Tagen, am 29. Oktober 2010 so gegen halb elf abends vor dem Schlafengehen, drückte ich meine letzte Roth-Händle ohne Filter aus. Ich wollte nicht mehr. Ich hatte keine Lust mehr, abhängig zu sein, rauchen zu müssen, ständig für Nachschub sorgen zu müssen und ohne diesen fickerig zu werden. Und ich wußte, der Tag war gekommen. Schon tagsüber wußte ich das, aber ich rauchte bis zum Bettgehen weiter, denn ich dachte, es sei einfacher, sich einfach morgens keine mehr anzustecken.

Es funktionierte. Zum Glück aber war freies Wochenende, auf der Arbeit wäre ich wohl heikler gewesen als gewohnt. Der Entzug war nicht von schlechten Eltern- zwar gibt es durchaus schlimmeres, aber gut anfühlen tut sich so etwas dennoch nicht. Suchtdruck ist ein Wort, mit welchem viele nichts beginnen können. Das Gefühl, rauchen zu müssen... Meine Liebste sagte, ich sei trotz aller Selbstbeherrschung latent gereizt gewesen und sehr unausgeglichen. Zum Suchtdruck kamen Schweißausbrüche, Nervosität, Unruhe, Reizbarkeit.

Und immer lagen Zigaretten in Reichweite. Zwar hatte meine letzten Kippen meinem Stammpenner geschenkt (immerhin eine ganze Stange, der hat sich gefreut!), aber meine Liebste rauchte ja weiter. Das finde ich zwar in Ordnung, denn jeder muß für sich den Zeitpunkt herausfinden und selbst entscheiden. Sucht kann man nicht für jemanden anderes als für sich selbst beenden. Daß sie raucht, stört mich immer noch nicht.

Aber da lag eben immer eine angefangene Schachtel in Griffweite. Da war gar nicht mal der Suchtdruck das Problem, sondern die Macht der Gewohnheit.

Nach vier Tagen hatte ich das Körperliche hinter mir. Doch die Gewohnheit... Diese Handbewegung zur Schachtel... Diese Rituale wie die Kippe nach dem Aufstehen, vor dem Schlafengehen, vor und nach der Übergabe, vor und nach der Pflege.... immer mußte mir einfallen: Ach nee, ich rauche ja nicht mehr!

Später hatte ich gelegentlich bei großem Streß auf der Arbeit Suchtdruck. Doch auch dies ließ nach. Und nun?

Heute habe ich meine zehntausendste nicht gerauchte Kippe in zweihundertfünfzig Tagen zu feiern, als Belohnung habe ich 2400 Euro gespart (nein, ich bin deswegen auch nicht reich!)

Bahnfahren ist leichter als früher. Wobei ich bei der Buchung gerne ausreichende Umsteigezeiten berücksichtige für meine Liebste. Warum sollte ich auf sie keine Rücksicht nehmen?

Die Pfeife vermisse ich manchmal schon etwas, das war schon gemütlich. Aber dann tun auch Kaffee und Tee diesen Zweck erfüllen, zumal sie ohne Räucherzunge besser schmecken.

Verzapft am 07. Juli 2011, so um 14 Uhr 00

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Kommentare

Was sagt Big Al dazu?

07. Juli 2011 um 15 Uhr 54 (Permalink)

Gelle Ulf, erstaunlich was man alles wieder riechen und schmecken kann.
Habe vor langer Zeit mit dem Rauchen aufgehört (ich bin jetzt kein militanter/milionkeler Nichtraucher geworden) und muß sagen: "Mir fehlt nix."

Was sagt Ulf, der Größte, dazu?

Kommentar vom Scheff hier am 07. Juli 2011 um 16 Uhr 30 (Permalink)

Ich fühle mich vor allem unendlich viel freier.

Übrigens: Kippe besteht im Chinesischen aus den Zeichen für "duftender Rauch". Bei "Raucher" kommt noch das Zeichen "Gefangener" hinzu. AFAIK.

Was sagt Sven dazu?

07. Juli 2011 um 16 Uhr 55 (Permalink)

Glückwunsch zur Stufe 1, Stufe 2 beginnt wenn Du nicht mehr zählst seit wann Du nicht mehr rauchst und Stufe 3 wenn Du überlegen musst, wann Du aufgehört hast.
Ich rauche z.B. seit "keine Ahnung/ist mir egal" nicht mehr. wink

Was sagt Ulf, der Größte, dazu?

Kommentar vom Scheff hier am 07. Juli 2011 um 16 Uhr 59 (Permalink)

@Sven: Das Zählen besorgt ein Script (siehe rechts!). Ich selbst komme immer nur bis drei. biggrin

Was sagt kall dazu?

07. Juli 2011 um 18 Uhr 42 (Permalink)

Ich trinke und rauche ja so ziemlich seit 30 Jahren nicht mehr. Am wenigsten vermisse ich die Zigaretten. Kippenqualm erzeugt bei mir mittlerweile körperliches Unbehagen und Atemnot, was aber vermutlich hauptsächlich mit der Stimmbandlähmung zu tun hat.

Trotz allen rekapituliere ich gelegentlich warum ich überhaupt aufgehört hab. Und das war bei mir ebenfalls (neben pekuniären Gründen) das Gefühl, dass ich mich zum Affen mach, um an die Kippen zu kommen. Ausschlaggebend war ein Abend mit absolutem Mistwetter im Frühwinter, eigentlich ein Grund, das Haus nicht zu verlassen. Die Kippen waren alle, keine Reserve, und ich hatte den Mantel grad angezogen ... Ok, das war's dann.

Im Geiste hab ich mir hin und wieder nochmal vorgestellt, wie es wäre, eine richtig gute Havanna zu rauchen und einen guten Islay Single Malt zu trinken. Es ist nie dazu gekommen. Ob es irgendwann noch mal dazu kommen wird, weiß ich nicht. Kippen liegen jedenfalls völlig jenseits jeder Vorstellung.

Was sagt Ma Rode dazu?

08. Juli 2011 um 07 Uhr 40 (Permalink)

Was mich am meisten wundert, ist, dass viele Wirte gegen das Rauchverbot in Kneipen schimpfen und mit Umsatzausfällen drohen. Mensch, hallo! Nichtraucher (wie ich) freuen sich sehr, wenn sie in einer nicht vollgequarzten Gaststätte nen lecker Schnitzel verhaften können, sie tun es dann gern auch öfter zur Freude des Wirtes.
Warum dieses ewige Geschwafel vom "mündigen Bürger"? Rauchen ist doof! Und nein, ich bin auch kein militanter Nichtraucher.

Eigenen Senf dazugeben?

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