Ulf. Mehr oder minder täglich Privatkram.

Depressiv und glücklich. Wie geht das?

Kategorie: Verrueckt

Ich habe keine Ahnung. Oder vielleicht doch?

Ich hänge wieder seit einigen Wochen in einer Episode drin, die mein Doktor als durchaus schwer eingestuft hat, und bin krankgeschrieben. Eigentlich laufen die Dinge nicht wirklich gut. Aber ich mache das beste daraus.

Gelassenheit.
„Gib mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann...“ Erstmal die Nerven bewahren. Ich habe schon einiges durchgestanden. Überlebt, knapp. Allein.Und nun bin ich nicht mehr allein. Auch wenn meine Liebste auch nicht gesünder ist als ich, so stützen wir uns irgendwie gegenseitig. Weil immer einer das gerade beim anderen auftretende Defizit ausgleichen kann. Weil wir uns lieben. Uns nicht alleine, nicht im Stich lassen.

Und auch sonst trennt sich die Spreu vom Weizen. Übrig bleiben die, die es wert sind, die zu einem gehören, auch wenns mal nicht so gut läuft. Ich bin nicht allein.

Mut.
„... den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann...“ Da ich, Lithium sei Dank! keine Suizidgedanken mehr habe, habe ich in meinem Kopf noch Platz für etwas, was bei einer Depression eigentlich auch eher ungewöhnlich ist: Mut. Was muß ich ändern, damit es für mich besser wird? Was muß ich ändern, damit es für andere auch besser wird? Auch, wenn meine Gesundheit Vorrang hat, sollten andere dadurch keine Probleme bekommen. Da gilt es, Entscheidungen zu treffen. Etwas zaghaft bin ich bei manchen Dingen noch, ich bin noch nicht so weit,daß ich wieder große Sprünge machen kann. Erstmal gestalte ich meine „Freizeit“, oder wie ich das jetzt nennen soll, nach therapeutischen Gesichtspunkten. So wie in der Klapse und in der ambulanten Therapie. Erlebnisse, Ergebnisse.

Weisheit.
„...und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.“ Das mag vielleicht das schwierigste sein. Was kann ich ändern, und was nicht? Depressive sind so unflexibel!

Und nun?
Wie ist das mit dem Glücklichsein?
Ich habe drei Suizidversuche überlebt. Den letzten nur durch Zufall. Und ich lebe gerne, auch wenn die Stimmung zur Zeit passabel ist. Wobei das, was ich passabel nenne, für einen Normalo eher schlecht wäre. Aber ich fühle mich schon relativ wohl damit.
Ich habe eine Frau gefunden, die eine echte Partnerin ist. Die zurückgibt, sich auch für mich interessiert (das hatte ich auch schonmal anders). Mit einer Liebesgeschichte, über die ich auch an nicht so guten Tagen lachen kann.

Ich lebe einfach.Und ich schaffe es besser als früher, meine Sorgen, unberechtigte wie auch leider berechtigte, irgendwie so zu nehmen, wie sie sind, ohne mich darauf zu fixieren.

Ich glaube, ich habe eine Menge gelernt.
Das macht mich vielleicht nicht gesund, aber das Leben wird leichter dadurch.

Verzapft am 22. März 2011, so um 20 Uhr 49

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Kommentare

Was sagt rocknrudel dazu?

22. März 2011 um 20 Uhr 56 (Permalink)

Hallo Ulf,

danke für deine offenen und ehrlichen Worte.
Eigentlich kann man da ja nicht wirklich viel dazu sagen,ausser: Weitermachen!

Ich wünsche dir und deiner Frau alles Liebe und Gute.
Gemeinsam ist man definitiv stärker.

LG,
Stef

Was sagt psychoMUELL dazu?

23. März 2011 um 06 Uhr 18 (Permalink)

Depressiv und glücklich schließt sich für mich aus, denn wenn ich sehr depressiv bin, kann ich das Glücksgefühl nicht fühlen.

Was sagt Psychodoctrix dazu?

23. März 2011 um 19 Uhr 17 (Permalink)

Lieber Ulf,

ich lese immer mal wieder hier mit und finde es absolut großartig, wie Du/ Ihr mit der Erkrankung umgeht (ja, ich bin auch betroffen). Ich wünsche Dir/ Euch, dass Ihr es weiterhin schafft, Euch gegenseitig zu stützen ohne sich selber dabei aufzugeben!

Eigenen Senf dazugeben?

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