Ulf. Mehr oder minder täglich Privatkram.

Das Mahl.

Kategorie: Literarisch

"Nein zur Mittelmäßigkeit!" hatte sich Dr. Roland Schneider geschworen und eine mittelgroße Erbschaft zu einer idyllisch gelegenen Blockhütte in Norwegen gemacht. Am Polarkreis gelegen lud sie ihn ein, dort seine Urlaube zu verbringen.
Nach einigen Mitternachtssonnen war er jedoch der Einsamkeit überdrüssig und lud seinen Freund Zabrczek, genannt Zappel, ein, dort mit ihm gemeinsam zu verweilen.

Die erste Woche verbrachten sie damit, verschiedene Bewohner des Fjordes zu angeln und sich ihrer Kindheit und Jugend zu erinnern. Ebenso unspektakulär wie erholsam.
"Heute ist Mitternachtssonne!" sprach Schneider.
"Da sollten wir", lehnte Zabrczek sich zurück, "angesichts dieses jährlichen Höhepunktes doch eigentlich etwas besonderes speisen."
"Kümmere ich mich drum. Glas O-Saft?"

Als Zabrczek wieder zu sich kam, konnte er seinem Spitznamen keine Ehre bereiten, saß er doch nackt und erstklassig gefesselt auf einem weichen Stuhl.
Der Antwort auf die Frage, die ihm vor Verwunderung nicht einfiel, wurde er kurze Zeit später gewahr, doch sein Verstand vermochte sie nicht recht erfassen.

Schneider hatte einige Dinge ausgebreitet, die weniger Rätsel aufgaben, als Zappel lieb war: Neben Skalpellen lag Nahtmaterial, Klemmen, Tupfer, Lösungen in verschiedenen Farben, eine kleine Säge und verschiedene Küchenmesser. Den Infusionsschlauch an seinem Hals bemerkte Zabrczek gar nicht mehr.
Er brachte kein Wort hinaus. Er schrie auch nicht, als Schneider die Haut seines linken Oberschenkels durchtrennte, sorgfältig, wie es ich für einen Chirurgen gehört.

Ein Traum?

Nein, an dieser Stelle würde man aus jedem vernünftigen Alptraum erwachen!
Er sehnte sich die gnädige, milde Schwärze der Ohnmacht herbei, doch hielten ihn Schneiders Infusionen wach.

Die Stimme kehrte erst wieder, als die Säge schon am Knochen kratzte. Er schrie. Er schrie, wie er noch nie in seinem Leben geschrien hatte. "Nicht so laut, bitte!" bat Schneider. Doch erst Ohrstöpsel halfen leidlich, als Bitten nicht fruchteten.
Als alles durchtrennt, alle Adern verschlossen, alles verbunden und die Blutsperre gelöst war, stöhnte der nunmehr einbeinige Zabrczek nur noch.

"Medium oder durch?" fragte Schneider.
Keine Antwort.
Zabrczek aß auch nicht.
"Ich kann es Dir auch aufwärmen."

Doch von diesem Angebot machte Zabrczek erst am fünften Tage Gebrauch.

(Seit April 2019 auch auf Creepypasta!)

Verzapft am 23. Mai 2011, so um 20 Uhr 30

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Kommentare

Was sagt Mauerseglerin dazu?

23. Mai 2011 um 21 Uhr 41 (Permalink)

was ist das denn????

Was sagt Ulf, der Größte, dazu?

Kommentar vom Scheff hier am 23. Mai 2011 um 21 Uhr 50 (Permalink)

Wie, was ist das? Literatur? Ein von mir angefangener Autokannibalismus-Kurzthriller. Idee: 1994, erstes Manuskript verloren, dieses hier just wiedergefunden beim Ausräumen des Spindes. Etwa 10 Jahre alt.

Was sagt Brutzler dazu?

23. Mai 2011 um 22 Uhr 50 (Permalink)

..komt sehr gut..nur ezwas zu "philosophisch"...irgendwie...aber sehr beängstigend...

Was sagt Ma Rode dazu?

24. Mai 2011 um 07 Uhr 22 (Permalink)

Dr. Lecter lässt grüßen.

Was sagt kopflast dazu?

27. August 2011 um 12 Uhr 21 (Permalink)

Hannibal? Du hattest eine miese Nacht oder?

Eigenen Senf dazugeben?

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