Ulf. Mehr oder minder täglich Privatkram.

Kosovo: Auf den Zahn gefühlt.

Kategorie: Aktion

Klägliche Reste eines Backenzahnes.In einem Land ohne Krankenversicherung, dafür aber mit einem Drittel der Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze lebend, kann man keine guten Zähne erwarten. Besonders früh erwischt es die Frauen. Die verheirateten Frauen. Denn die Babies saugen den Müttern unter anderem sozusagen das Calcium aus dem Körper, und die Kinder werden hier oft lange gestillt, und viele Kinder*1 zu haben ist hier im Kosovo eher die Regel denn die Ausnahme.

Durch das einzige, was hier reichlich vorhanden ist, nämlich die Armut, sind die wenigsten hier vernünftig ernährt, so dass der Calciumnachschub für die Mütter nicht gewährleitet ist. Die Zähne und die Knochen leiden darunter. Hinzu kommt, dass eine nicht vorhandene Krankenkasse auch keine Vorsorgeprogramme für Zähne und ähnliches hat. Eine Zahnbehandlung mag zehn bis zwanzig Euro kosten, was harmlos klingt- doch hierzulande, wo ein Drittel der Bevölkerung von weniger als 50 Euro im Monat leben muss, ist das meist gar nicht drin.

Die Folge: Viele gehen erst dann zum Zahnarzt, wenn es gar nicht mehr zu vermeiden ist, so dass der erbärmliche Rest des Zahnes entfernt werden muss. Vielen Frauen fehlt bereits mit Mitte zwanzig der größte Teil der Backenzähne!

Beim Zahnarzt in Gjilan/Kosovo.Bei meiner Gastgeberin und Dolmetscherin im Fall Aurela war auch wieder einmal einer fällig. Die Zahnarztpraxis war interessant: Wie ein Friseursalon. Man trat direkt in den Behandlungsraum und konnte auch gleich dort warten und sich die Zeit damit vertreiben, gezwungenermaßen den vor einem behandelt werdenden PatientInnen bei der Tortur zuzugucken. Solche Praxen sind durchaus nicht selten im Kosovo.

Immerhin konnte ich so die Einrichtung bewundern: wenigstens war alles perfekt sauber und ordentlich, aber für den perfekten Grusel hatte der Klempner einen Monitor, auf dem er den Mund per Kameraübertragung inspizierte. Immerhin, eine Live-Übertragung vom Zahnbrechen gab es nicht. Er arbeitete durchaus mit gewohnten Methoden, nur dass er keine Helferin hatte, sondern alleine herumwirtschaftete. Kostet ja alles Geld. Das Ergebnis konnte sich sehen lassen, es war wie hierzulande. Eine Zahnextraktion macht in der Regel zehn, eine Rettung fünfzehn bis zwanzig Euro.

Innenansichten von Mündern erspare ich Euch lieber.

Verzapft am 20. März 2013, so um 17 Uhr 55

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Kommentare

Was sagt phanta dazu?

20. März 2013 um 18 Uhr 18 (Permalink)

Gabs eine Betäubungsspritze?

Was sagt Ulf, der Größte, dazu?

Kommentar vom Scheff hier am 20. März 2013 um 18 Uhr 24 (Permalink)

Doch doch! Gearbeitet hat der auf hohem Niveau, ich hätte bei einem Zahn nicht gedacht, dass der noch zu retten wäre. Nur kann das eben niemand bezahlen.

Eigenen Senf dazugeben?

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