Hat der Mensch die Pflicht, sich behandeln zu lassen?
Kategorie: Meine unqualifizierte Meinung
2009 urteilte das Bundesverfassungsgericht, daß ein psychisch kranker Straftäter nicht grundsätzlich zwangsmediziert werden darf, wenn er nicht weiter auffällig ist. Der konkrete Patient hatte unter Alkoholeinfluß versucht, seine Familie umzubringen. In der Klinik benahm er sich
zumindest ungefährlich.
Die Konsequenz für diesen Patienten ist, daß er „drin“ bleiben muß. Man könne ihn aber nicht zwingen, Pillen zu futtern, damit er entlassungsfähig würde.
Auf der einen Seite leuchtet mir das schon ein. Allerdings hat AFAIK z.B. der Arbeitnehmer die Pflicht, alles für seine Gesundung nötige zu unternehmen. Nun ist allerdings das Verhältnis Mensch - Gesellschaft nicht das gleiche wie ein Arbeitsverhältnis. Doch stelle ich mir die Frage, ob da nicht eine gewisse Pflicht zur Mitarbeit beim Gesundwerden besteht. So wie meinetwegen Steuern zahlen und sich an Gesetze halten. Allerdings wäre da auch schwierig festzulegen, wo es anfängt und wo aufhört mit der Selbstbestimmung. Dann könnte man auch körperlich Kranken die Freiheit der Entscheidung nehmen.
Zwar sieht das PsychKG grundsätzlich Zwangsbehandlung auch vor. Aber wenn er derzeit in der Forensik niemanden gefährdet und dort auch nicht rauskommt... Also ist grundsätzlich OK, daß er sich nicht behandeln lassen muß. Solange er nicht seine MitpatientInnen und das Personal abmurkst. Oder?
Verzapft am 12. April 2011, so um 16 Uhr 28
Kommentare
Was sagt Ly dazu?
13. April 2011 um 21 Uhr 54 (Permalink)
Das Urteil war ja noch nicht abschließend, ist jetzt entgültig etwas herausgekommen? Finde das Urteil insgesamt wichtig, man hat durchaus ein Recht auf Wahn solange man nicht akut selbst- und fremd-gefährdend ist. Wenn einer wahnhaft zb eifersüchtig ist, ist das zwar ein schwieriger Umgang mit so einem Mitbürger, aber es gehört für eine medikamentöse Behandlung nach meiner Meinung immer noch eine Krankheitseinsicht dazu, und damit Einwilligung, als ob Medikamente alles wären, da hab ich aber andere Erfahrungen, und die Medi greifen massiv ein unter Umständen und haben auch Nebenwirkungen.
Zwangsbehandlung ist ein heikles Thema, es gibt auch genügend Willkür gemäss dem Motto: den Richterbeschluss kriegen wir schon das werden Sie schon sehen... ist mir passiert, wurde zwangsfixiert und dabei auch mit irgendwas gespritzt dass ich ab da Filmriss hatte. Ich überlege immer noch gegen das KKH zu klagen. Die sind mit der halben Station so verfahren, und zwischen teilweise entblößten festgeschnallten liefen Besucher herum... das ist kein Romanstoff, das war real.
Was sagt Ulf, der Größte, dazu?
Kommentar vom Scheff hier am 13. April 2011 um 22 Uhr 12 (Permalink)
Das Problem bei jeglicher Anwendung von Zwang und Gewalt ist der Mißbrauch. Manchmal ist so etwas nötig, um jemanden zu schützen- und oft genug wird es mißbraucht, um jemanden ruhigzustellen, der Arbeit machen würde.
Was sagt Ly dazu?
14. April 2011 um 00 Uhr 10 (Permalink)
yeep, und ein kleines Amtsgericht das mitspielt und keine Fragen stellt.
Meine Schwester war ja früher auch in der Pflege und auch im Landeskrankenhaus, sowas wie da wo ich aufgeschlagen war hats nie vorher gesehen, und das immerhin vor zwanzig jahren. Mir hat ein hiesiger also im gleicher Kleinstadt niedergelassener Psychiater geraten zu klagen. Ups. Bin aba unschlüssig ob mich das nicht zu sehr aufwühlt. Hatte noch Monate danach beim Einschlafen manchmal dran denken müssen und war dann immer ausser mir, mir ist schon viel geschehen im Leben aber so entmachtet und gedemütigt hab ich mich noch nie gefühlt, war ja am nächsten Morgen wieder halbwegs klar, und mein Bett war auch nass und ich lag darin. Schwierig, weiß nicht was tun, und weiß auch nicht ob da mein Beruf angesprochen wird, das wäre nicht förderlich!
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