Ulf. Mehr oder minder täglich Privatkram.

Operation Darknet: „Kinderschänder an die Wand stellen!“

Kategorie: Meine unqualifizierte Meinung

„Der Staat ist da viel zu lasch!“
So stammtischen die meisten (Männer) zum Thema Mißbrauch von Kindern. Wobei mich nicht wundern würde, wenn dieselben Leute über die gewalttätige, unkontrollierte Polizei pöbeln würden, wenn sie von dieser mal ein wenig unsanft angefaßt werden.

Zugegeben, wer sich an Kindern vergreift, genießt auch meine Sympathie nicht. Aber die Vorstellung, daß über diese Personen der Mob herfällt, ohne ein faires Verfahren*1 und jegliche kulturelle Errungenschaften der Gesellschaft...

Ulfs Zeichnung eines am Baum erhängt GelynchtenWer zu Lynchjustiz aufruft, der ist moralisch nicht zu ertragen. Denn Lynchjustiz bedeutet Willkür. Nicht nur, daß das Schuldurteil schon vor dem „Verfahren“ feststeht, auch das „Verfahren“ an sich dürfte, wenn es überhaupt stattfindet, den haßerfüllten und blutdürstigen Äußerungen zufolge, eher an Roland Freislers gefürchteten Volksgerichtshof erinnern denn an Rechtsprechung.

Dieser Haß, dieser Blutdurst völlig Unbeteiligter- manchmal denke ich, wenn ich derartiges lese oder höre, daß es eigentlich um diese geht, mehr jedenfalls als um das eigentliche Opfer, welches die meisten Möchtegern-Scharfrichter ja doch seltenst kennen. Der Mensch möchte wieder Mob sein dürfen, aber bitte nicht bei den falschen, den Hooligans oder den Autonomen Steinewerfern. Man will edel randalieren. Wie einst SA und SS. Nicht die Gerechtigkeit ist wesentlich, fürchte ich. Sondern einfach niedere Instikte.

Interessanterweise sind mir kaum Frauen begegnet, die so drauf waren, selbst dann nicht, wenn sie übel selbst betroffen waren.

Nein, den Pöbel auf Menschen zu hetzen, insbesondere wegen alleinigen Verdachts, finde ich verachtenswert.
Doch eine amorphe Gruppe, die auch unter Anonymous firmiert*2 und sich Operation Darknet nennt, indem sie Daten mutmaßlicher Täter veröffentlicht, statt sie der Justiz zu überlassen.

Ich bin Anarchist. Doch Gerechtigkeit bedeutet, daß alle gleich behandelt werden und nicht irgendwie nach Faustrecht totgeschlagen. Wenn das Zusammenleben funktionieren soll, dann darf kein Faustrecht herrschen. Jeder muß fair behandelt werden, denn er könnte auch Opfer des Bundestrojaners oder einer anderen Manipulation geworden sein. Wie dann bestraft wird, darüber mag man diskutieren. Nur- gleich böse=gleiche Strafe sollte auch gelten.

Sollten solche Leute das Kommando übernehmen, dann ist es vorbei mit der Gerechtigkeit. Mit der Kultur. Mit der Gesellschaft. Appelliert an niederste Instinkte wird der Mensch zum Tier.

Freiheit bedeutet Verantwortung, nicht Vernichtung.

Verzapft am 18. Oktober 2011, so um 15 Uhr 45

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Kommentare

Was sagt Waelti dazu?

18. Oktober 2011 um 21 Uhr 39 (Permalink)

Ernstes Thema, halte ich mich meistens zurück und denk' mir meinen Teil. (Also, was "Stammtischgespräche" angeht halte ich mich zurück. Handeln wo nötig, das habe ich allerdings schon gemacht.)

Begründung: "wird der Mensch zum Tier."

Wird??

Was sagt Ulf, der Größte, dazu?

Kommentar vom Scheff hier am 18. Oktober 2011 um 21 Uhr 42 (Permalink)


Begründung: "wird der Mensch zum Tier."

Wird??

Stimmt. Tiere benehmen sich immer noch gesitteter.

Was sagt Westsideblogger dazu?

19. Oktober 2011 um 17 Uhr 17 (Permalink)

Ein in meinen Augen mutiger Kommentar, zu einem hochgradig sensiblen Thema.

Ich hätte der Aktion auch mit mehr Bewunderung gegenüber gestanden, wenn die Daten an die entsprechende Stelle geleitet worden wären.

Was sagt Ulf, der Größte, dazu?

Kommentar vom Scheff hier am 19. Oktober 2011 um 17 Uhr 22 (Permalink)

Mutig? Meinst Du? Ich bin ja nur gegen Lynchjustiz. Ich finde einfach, daß Gerechtigkeit ein gewisses Rechtsverständnis erfordert.

Eigenen Senf dazugeben?

Es hilft, sich einen Account anzulegen und sich anständig zu betragen. Dann kannste auch kommentieren.

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