Ulf. Mehr oder minder täglich Privatkram.

Willst Du Dir etwa eine Gitarre kaufen?

Kategorie: Verschiedenes

Gitarre bedeutet für diesen Artikel eine Konzertgitarre. Da ich jüngst per Mail um Rat gebeten wurde, schrieb ich fast einen Essay, und da sollten vielleicht doch mehrere von profitieren.

Meine Regeln lauten:

  1. Nimm jemanden mit, der sich besser auskennt als Du.
  2. Geht das nicht, dann nimm jemanden mit, der so tun kann als ob.
  3. Ein gutes Fachgeschäft erkennst Du daran, daß der Verkäufer sich Zeit nimmt, anstatt möglichst schnell Umsatz machen zu wollen, selbst wenn Du nur eine vergleichsweise günstige Gitarre für z.b. 200 Euro kaufen willst.
  4. Probiere möglichst viele Geräte in der angepeilten Klasse an, und zwar in allen verfügbaren Fachgeschäften. Je mehr, desto besser.
  5. Wiederhole das mehrmals an verschiedenen Tagen. Zum einen bist Du verschieden drauf, die Gitarren aber sind es auch (Luftfeuchtigkeit!)
  6. Spiele auch mal ein Instrument oberer Preisklasse zum Vergleich, was alles möglich ist.

Und wie beurteile ich eine Gitarre?

  1. Verarbeitung
  2. Gefühl
  3. Klang


1. Verarbeitung:
Ist alles sauber verleimt? Quillt irgendwo Leim raus (auch und vor allem ins Schalloch gucken!)? Ins Schalloch blickend kannst Du zum Beispiel die Verstrebungen am Boden der Gitarre bewundern. Gerne wird auch der Hals unsauber an den Korpus geklebt.

Sperrholz- oder Massivholzdecke? Letztere wirst Du in der unteren Preisklasse wohl nicht bekommen, macht aber nichts. Ansonsten gilt: je feiner die Maserung, desto besser die Qualität. Ansonsten kannst Du auch gucken, wie das Sperrholz aussieht, ob eher gut oder schlecht, am Rand des Schallochs.

Lack: Ein halber Zentimeter Autolack auf dem Instrument ist nix. Schellack oder Nitro findest Du aber auch nur im oberen Segment und muß nicht unbedingst sein. Nach Kratzern solltest Du auch gucken. Sie schaden nichts, aber Du kannst vielleicht den Preis herunterhandeln!

Mechaniken: Erdreiste Dich, die Mechaniken in alle Richtungen zu drehen: Sind sie benutzbar oder schwergängig? Stimme das Instrument wieder: Geht das oder ist das ein K(r)ampf? Meiner Zweitgitarre Mechanik ist so geil, die kannste mit dem kleinen Finger bedienen und ist dennoch stimmstabil!

2.: Wie fühlt sich das Teil an?
Saitenlage: Wenn zwischen die Saiten und das Griffbrett das Telephonbuch von Tokyo paßt, dann hast Du gerade überteuertes Kaminholz in der Hand. Schnarren sollte es aber auch nicht! Deswegen auf jeder Saite und übers Griffbrett den HAA (Härtester Anzunehmender Anschlag) üben.

Hals: Wie liegt er in der Hand? Er muß nicht zwangsläufig superdünn sein. Die Form macht viel aus. Die Gitarre sollte sich möglichst leicht spielen lassen. Du willst ja Musik machen und kein Bodybuilding. Ist der Abstand zwischen den Saiten komfortabel? Hast Du genug Platz zum Greifen? Oder gar so viel, daß Deine Hand zu klein ist? Klebt der Daumen am Hals fest? Kann lästig sein, wenn man schwitzt. Gelaugt/geölte Hälse habe ich allerdings bei Konzertgitarren noch nicht geseht). Sind die Bundstäbchen sauber eingesetzt?

Insgesamt: Fühlt sie sich gut an am Körper, wenn Du sie zwischen Deine Beine geklemmt an Deinen Körper drückst?

Ist sie bespielbar? Eine Gitarre, die gut klingt, sich aber kaum spielen läßt, nützt niemandem etwas. Spiele ein paar Stücke darauf.

3.: Wie klingt Deine potentiell zukünftige Partnerin?
So haben wir schon jede Menge Schrott aussortieren können. Konzentrieren wir uns nun auf das entscheidende:

Den Klang! Im unteren Preisbereich bekommst Du natürlich keine Studioinstrumente. Macht aber nichts, ich habe auf einer Zigarrenkiste angefangen. Perfekt wird sie dann also nicht sein, und genau deshalb wird jetzt so richtig herzhaft probiert. Am besten mit allem, was Du draufhast, möglichst verschiedene Musik dabei.

Da Klassische Gitarrenmusik meist mehrstimmig ist, sollte man die Stimmen einigermaßen auseinanderhalten können. Einen Guten Klang kann ich allerdings nicht beschreiben, da bin ich zu doof dafür. Einen guten Klang bekommt man jedenfalls nicht und niemals mit abgenudelten Saiten. Die drei tiefen, umsponnenen sind nämlich je nach Pensum schnell aufgebraucht, klanglich gesehen. Diese regelmäßig zu wechseln (ich mußte das monatlich tun!) ist sinnig. Wegen des nervigen Gedrehes an den Mechaniken empfehle ich, eine Kurbel zu nutzen.

Bessere Gitarrensaiten bekommt man oft auch als getrennte Sätze, Baß und Diskant. Wer es gerne knackig mag, sollte Carbonsaiten versuchen. Sind natürlich nicht ganz billig. Ich jedenfalls war immer mit Hannabach unterwegs und bestens zufrieden.

Verzapft am 16. März 2012, so um 11 Uhr 52

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Kommentare

Was sagt Violine dazu?

16. März 2012 um 17 Uhr 41 (Permalink)

Ich war gerade bei dem Dealer in unserer Stadt (nicht das Musikhaus, sondern ein reiner Gitarrendealer, ein echter Freak). Der meinte, er würde Konzertgitarren n u r mit der Kurbel aufziehen.

Oh, es ist so toll, die ganzen Gitarrenfreaks und -liebhaber zu treffen!

Was sagt Ulf, der Größte, dazu?

Kommentar vom Scheff hier am 16. März 2012 um 17 Uhr 56 (Permalink)

Wir müssen eben zusammenhalten!

Was sagt Achim dazu?

17. März 2012 um 18 Uhr 53 (Permalink)

Schick den Mailschreiber doch zu Violines Freakhändler, der wird von sich aus nichts unpassendes verkaufen. biggrin

Was sagt Ulf, der Größte, dazu?

Kommentar vom Scheff hier am 17. März 2012 um 18 Uhr 57 (Permalink)

@Achim: Rate mal, mit wem ich den Mailwechsel hatte biggrin

Was sagt Achim dazu?

17. März 2012 um 19 Uhr 37 (Permalink)

Ach so, dann hat sie ja den richtigen Händler gefunden.

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