Ulf. Mehr oder minder täglich Privatkram.

Fundamentalismus ist ein Ausdruck des Minderwertigkeitskomplexes.

Kategorie: Meine unqualifizierte Meinung

Was da gerade abgeht wegen des Mohammedvideos ist, denke ich, weniger eine religiöse Angelegenheit. Die Spacken, die das Video gedreht haben, mögen dies zwar glauben, aber diese glauben ja auch, die Wahrheit in Sachen Religion gepachtet zu haben.

In Wirklichkeit gilt auch hier das Prinzip: Wer nicht durch Konstruktives aufzufallen vermag, versucht, wenigstens dadurch aufzufallen, dass er irgendetwas kaputtmacht. Das Troll-Prinzip.

Interessant ist, dass Fundamentalisten scheinbar nie positiv auffallen. Lassen wir die Islamisten mal außen vor, darüber wird genug geschrieben. Aber eine interessante Seite (bitte nur aufrufen, wenn Ihr hartgesotten seid!) ist zum Beispiel kreuz.net*1 - Statt froher christlicher Botschaft wird hier ausschließlich mit sogar für mich erschreckendem Hass über alles hergezogen, was anders ist als das, was die Macher für katholisch halten.

Fundamentalismus scheint auch, so mein Eindruck, in erster Linie dadurch gekennzeichnet, gegen etwas zu sein, weniger für etwas. Gerne mit Gewalt. Gegen Abtreibung. Gegen den Westen. Gegen den Islam. Gegen Andersdenkende. Gegen Homosexualität. Gegen WTF.

Überhaupt scheint Fundamentalismus recht freudlos zu sein. und scheint gerne mit unterschiedlichen Formen von Gewalt einherzugehen. Nicht nur im Islam. Allerdings sind natürlich diejenigen, die am meisten auffallen, nicht unbedingt diejenigen, die die Mehrheit stellen: Die steinewerfenden orthodoxen Juden sind auch nicht wirklich die Mehrheit der jüdischen Bevölkerung der Levante. Gewalt ist für die Medien und fürs Volk am interessantesten. Friedliche Menschen sind einfach langweilig.

Fundamentalismus ist prinzipiell sogar unabhängig von Religion, auch wenn er religiöse Züge haben mag. Siehe damals® die Nazis. Heute kann „Politically Incorrect“ das ganz gut.

Religion bietet sich einfach prima an, sie zu missbrauchen. Wobei auch manche ideologischen under politischen Strömungen (z.B. die MLPD) quasi religiösen Charakter bekommen können. Die Zugehörigkeit zu einer religiösen Gemeinschaft ist in der Regel auch ein identitätsstiftendes Merkmal. Überhaupt die Zugehörigkeit zu irgendetwas, wie zum Beispiel ich als Metaller. In der Gemeinschaft fühlt man sich besser, aufgehobener, sicherer und oft auch stärker. Wem das jedoch nicht reicht, der muss Fundamentalist werden.

Intoleranz ist offensichtlich ein wichtiges (oder das wichtigste?) Merkmal. Die größtmögliche Abgrenzung von anderen. Und die beste Methode, hassen und zerstören zu können. Weil einem nichts gutes einfällt. Dann dreht man eben ein Hassvideo. Dann stachelt man woanders seine Glaubensbrüder auf, die ohnehin auf die USA schlecht zu sprechen sind, weil die da ständig Krieg anfangen*2. Dann springt man zum Beispiel in Deutschland auf den Zug auf*3, um mal in die Zeitung zu kommen.

Das Problem ist nicht der Islam. Das Problem ist auch nicht das Christentum.
Das Problem sind die zu kurz gekommenen, und die gibt es überall, und dagegen muss man überall auf der Welt etwas tun. Nicht nur dort, wo Öl sprudelt.

Verzapft am 21. September 2012, so um 10 Uhr 49

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Kommentare

Was sagt Michael Drews dazu?

21. September 2012 um 12 Uhr 39 (Permalink)

Ja, der Gedanke mit den zu kurz gekommenen gefält mir. Auf jeden Fall liegt da auch ein Stück der Kern des Problems. Leider unlösbar, da der Mensch als solches zu gierig ist, und immer mehr haben wil als der andere. Deshalb ist die Idee des Kommunismus auch nicht lebbar.

Was sagt Ulf, der Größte, dazu?

Kommentar vom Scheff hier am 21. September 2012 um 15 Uhr 46 (Permalink)

Zufriedene Menschen randalieren nicht. Und Kommunismus, soweit ich mich eingelesen habe, macht auch nicht zufrieden. Weil auch er keine Gerechtigkeit garantiert.

Ich denke, das mit der Gier passt sehr gut. Und wenns nur die Gier nach mehr Seelenheil ist.

Was sagt Westsideblogger dazu?

21. September 2012 um 16 Uhr 12 (Permalink)

Der Kommunismus konnte nicht glücklich machen, weil auch dort eine Minderheit sich am Volk bereichert hat.

Das Prinzip der Gier macht alles kaputt. Die schönsten Staatsform, die besten Utopien, alles geht den Bach runter, wenn Wenige die Gier packt. Und sie die Mittel dazu haben; bekommen; entwickeln.

Was sagt Violine dazu?

21. September 2012 um 16 Uhr 15 (Permalink)

Das sind nicht einfach Minderwertigkeitskomplexe, das sind ganz tiefsitzende Ängste.

Wie ich schon auf Twitter sagte, ist Fundamentalismus ein Bollwerk gegen das Leben.

In "Im Kampf für Gott - Fundamentalismus in Judentum, Christentum und Islam" sagt die Autorin Karen Armstrong, dass Fundamentalismus pervertierter Glaube sei.
Sie redet in diesem Fall auch nicht mehr von Glaube, sondern von Ideologie, der die Menschen "beseelt" (soweit man da, finde ich, noch von Seele reden kann).

Du bringst mich auf was mit Deiner Schwanzverlängerung.
So was in der Art hat eine Michaela Schröder in ihrem Essay "Das weitgeschnittene Dekolletee der Seelenbrust" in dem Essayband "Glaube, Liebe, Hoffnung - Religion und Spiritualität in unserer Gesellschaft" der Büchergilde Gutenberg geschrieben.
Sehr guter Artikel. Ich glaube, ich habe daraus in meinem Blog zitiert.

Gerade gefunden: http://violine.twoday.net/stories/rock-super-stars/

Ulf, Du kommentierst da auch was mit "Posern". Vielleicht erinnerst Du Dich?

Was sagt Westsideblogger dazu?

21. September 2012 um 16 Uhr 27 (Permalink)

+ für Violine

Was sagt Michael Drews dazu?

21. September 2012 um 16 Uhr 59 (Permalink)

Kommunismus wird immer mit Sozialismus vewechselt wie manche Äußerungen zeigen, denn Kommunismus nach Marx ist der wissenschaftliche Marxismus, der nicht lebbar ist, wie ich bereits geschrieben habe.

Was sagt rauskucker dazu?

04. Oktober 2012 um 19 Uhr 40 (Permalink)

Ja. Genau diesen Gedanken, daß die sich selber minderwertig fühlen, hatte ich, als ich von den Krawallen von Islamisten in Bangladesh gegen Buddistische Tempel hörte. (Kam hier nichts von in den Medien. Kannste bei mir nachlesen.)
Salman Rushdie hat es fast genauso gesagt wie du (bei Zakarian auf CNN am 23.9.): "Wenn Leute sich nicht über das definieren, was sie lieben, sondern über das, was sie hassen, deutet das auf eine tiefe Verunsicherung hin."
(hab leider keinen Link oder Video von dem Gespräch gefunden.)

Was sagt rauskucker dazu?

04. Oktober 2012 um 19 Uhr 48 (Permalink)

Zakaria heißt der.
Da seh ich übrigens einen Unterschied. Als Kommunist habe ich ja etwas Positives, eine Utopie, eine Sehnsucht. Vielleicht ist das gerade der Mangel der bisherigen Umsetzungsversuche, daß das "So könnte die Welt aussehen" immer nur sehr vage gewesen ist, immer nur ein Abschaffungswunsch, weniger ein Schöpfungswunsch. Für mich hat diese Utopie etwa Licht und Tiefe gewonnen durch das Buch "Planet der Habenichtse" von Ursula K. LeGuin. Ja, so könnte es gehen, ja, es ist möglich. (Wobei es in dem Buch um ganz und gar kein Paradies auf Erden geht.)

Eigenen Senf dazugeben?

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