Ulf. Mehr oder minder täglich Privatkram.

Familiäres: Zu Gast im Kosovo oder: Wir müssen draußen bleiben!

Kategorie: Verschiedenes

Herd.Das ist eines der ersten Dinge, die man im Kosovo lernt: die Schuhe werden ausgezogen! Das ist natürlich sehr gut, damit kein Dreck hereingebracht wird von den miserablen und schmutzigen Buckelpisten des kleinen Landes. Was die emsige Hausfrau jedoch nicht davon abhält, oft und gründlich zu putzen.

Auch in vergleichsweise modernen Familien ist die Aufgabe der Frau die Versorgung von Kindern und Haushalt. Modern bedeutet vor allem, nicht mehr im Großfamilienverband zu leben sondern als paar mit seinen Kindern einen eigenen Haushalt zu haben. Immerhin, manchmal packt der Mann sogar ein wenig mit an!

In einer traditioneller orientierten Großfamilie ist, wenn auch die Regeln nicht mehr so streng sind wie im Kanun beschrieben*1, manches etwas fremdartiger. Du bist eingeladen um 15 Uhr? Niemand rechnet damit, dass Du pünktlich bist. Erstens muss man sowieso tausend Dinge unterwegs erledigen, wenn man sich schonmal ein Auto geliehen hat, und dann weiß man nie, was auf der Straße los ist. Manchmal stehen da kaputte Autos herum und warten aufs Abschleppen.

Du ziehst Deine Fußbekleidung aus, und dann bist Du erst einmal eine Weile beschäftigt, die gesamte Familie samt weiterer eingeladener Verwandtschaft zu begrüßen. Das Wohnzimmer, welches immer in die Küche übergeht, ist entsprechend grundsätzlich mit reichlich Sitzgelegenheiten ausgestattet. Du sollst Dir einen Platz aussuchen? Wer die Wahl hat- alle sind zu Deiner Begrüßung aufgestanden, wohin jetzt?

Das Familienoberhaupt setzt sich auf jeden Fall zu Dir. Das Familienoberhaupt ist üblicherweise der älteste noch zurechnungsfähige Mann, also der Opa. Er trägt die Verantwortung für seine Familie und für das Wohlergehen des Gastes. Dessen Grundversorgung jedoch von alleine funktioniert. Kaum sitzt Du, steht etwas zu trinken vor Deiner Nase, Saft oder Cola oder sowas. Und etwas zu knabbern oder Kuchen oder beides. Kaffee, in der Regel TÜrkischer Mokka, folgt wenige Augenblicke später*2.

Kleines Mädchen (1,5 Jahre) putzt.Serviert wird von jungen Damen. In der Regel sind dies die Schwiegertöchter des Hausherrn, die gemeinsam den Haushalt schmeißen. Unverheiratete Töchter gehen auch, so noch vorhanden. Denn nach der Hochzeit ziehen die Bräute zu ihren jeweiligen Männern, während die Männer im Haushalt des Vaters bleiben. Immer noch werden viele Ehen arrangiert, meistens lernt man netterweise den Zukünftigen wenigstens noch vor der Verlobung kennen, manchmal darf man sogar seine Meinung dazu sagen. Doch können Wünsche auch berücksichtigt werden, manche heiraten sogar aus Liebe*3 (Kosovare und Flamur lieben sich!).

Der Haushalt also ist Frauendomäne. Die Herren der Schöpfung und die älteren Damen und die GästInnen sitzen herum, während die Generation Schwiegertochter in der Küche herumwirbelt, Dein Glas nachfüllt, noch ehe Du selbst dessen Leerung bemerkt hast, den Tropfen, den Du kleckerst, wegwischt, noch ehe er den Boden erreicht. Und das Essen aufträgt oder bei Bedarf nachschaufelt. Denn Du bist der Gast, und da wird nicht gespart!

Gelegentlich gibt der Hausherr kurze Anweisungen, was Deinem Wohlbefinden noch zu tun sei, und die Mädels flitzen, ohne zu murren und ohne jegliches Anzeichen des Unwillens. Sie kennen es nicht anders. Doch versuche niemals, zu helfen! Füge auch Du Dich in Deine Rolle, wie jeder andere in der Gesellschaft auch.

Verzapft am 22. März 2013, so um 16 Uhr 25

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