Ackermann und die Gerechtigkeit.
Kategorie: Meine unqualifizierte Meinung
Ackermann kassiert mehr als 260 Mal so viel Kohle pro Jahr als ich (brutto). Leistet er auch 260 Mal so viel für die Menschen?
Das Aushängeschild des deutschen Bankenwesens, Josef Ackergaulmann, mag vielleicht mehr Stunden pro Woche arbeiten als ich. Er mag auch Verantwortung tragen, zum Beispiel für Arbeitsplätze (die er vernichtet). Meinetwegen hat er auch mehr auf dem Kasten als ich. Aber rechtfertigt dies einen derartigen Einkommensunterschied?
Nein, neiden tue ich es im nicht. Zwar ist eine Pflegekraft grundsätzlich (staatlich gewollt) unterbezahlt. Aber ich komme gut aus. Und wie ich 9,6 Millionen Euro im Jahr verbraten sollte kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen. Wenigstens muß ich nicht dauernd Angst um mich und meine Familie haben. Aber 9.600.000 Schleifen, kann das gerechtfertigt sein? Kann der Unterschied an Leistung und Verantwortung derart groß sein?
Wenn ich Fehler mache, kann das Menschenleben kosten. Ich habe schon Menschenleben gerettet (wie wohl auch die meisten meiner KollegInnen). Manche haben ihre Gesundheit (Wirbelsäule) im Dienst ruiniert. Der Dienst in drei Schichten ruiniert jeden Biorhythmus. Wir fangen Menschen in Ausnahmesituationen auf. Wir putzen Menschen den Hintern ab, versorgen hochinfektiöse PatientInnen, Sterbende, Verstorbene. Heben, stemmen. Dokumentieren uns die Finger wund: Wer schreibt, bleibt. Stehen um halb fünf auf, schieben Frühschicht und gehen anschließend auf Fortbildung.
Und bekommen ein Drittelprozent der Kohle eines Herrn Ackermann dafür.
Nachtrag 15:05 Uhr: Die WN haben den Artikel offenbar gelöscht. Wohl zu viele systemkritische Kommentare.
Verzapft am 17. März 2010, so um 09 Uhr 23
Kommentare
Was sagt psychoMUELL dazu?
17. März 2010 um 09 Uhr 29 (Permalink)
wer sagt, das das leben gerecht sein muss? war es wohl auch noch nie
Was sagt Holger dazu?
17. März 2010 um 09 Uhr 52 (Permalink)
Tja, das ist die Gerechtigkeit des Marktes. Obwohl man sich wahrscheinlich jahrelang darüber streiten kann, ob der Arbeitsmarkt wirklich ein funktionierender Markt ist. Und ob er gerecht ist, wenn man das irgendwie moralisch beurteilt? Wahrscheinlich nicht.
Was sagt togo dazu?
17. März 2010 um 09 Uhr 54 (Permalink)
Den Kerl kann ich nicht stehen sehen. Dass sein Foto nicht neben dem Wiki-Eintrag für "Zynismus" steht, empfinde ich als ein Wunder. Nur wenige Menschen haben der Gesellschaft mehr geschadet und es weniger bereut.
Seine Familie müsste sich in Grund und Boden schämen, mit einem solchen Job- und Existenzenvernichter verwandt zu sein. Aber wer in einer solchen Familie aufwächst, der ist darauf geimpft, den Shareholder Value ganz natürlich als wichtiger einzuschätzen als die Menschen, die den Gewinn ja erst erwirtschaften.
Typen wie Ackermann sind der Grund, warum ich meine eigentlich wertekonservative Grundeinstellung manchmal vergesse und zumindest teilweise sozialistisch fühle.
Was sagt Dr. No dazu?
17. März 2010 um 10 Uhr 41 (Permalink)
Mit Gerechtigkeit hat das nichts zu tun - das behaupten auch nicht einmal die neoliberalen Apologeten. Nein, es ist schlicht und einfach ureigenster Sinn und Zweck des Kapitalismus. Das System ist dafür (und nur dafür) geschaffen, dass sich eine elitäre Minderheit an den Fleischtöpfen bedient, die von der gesamten Volkswirtschaft gefüllt werden.
Der wesentliche Unterschied zwischen dir und Ackermann ist, dass dir erst ein Fehler unterlaufen muss, damit ein Mensch ums Leben kommt. In Ackermanns Branche gehört das zum Tagesgeschäft, auch wenn die Herren in den Anzügen die Leichen, die sie produzieren, nur selten zu Gesicht bekommen.
Was sagt Nadine dazu?
17. März 2010 um 11 Uhr 18 (Permalink)
Die werden Fürstlich belohnt für daß sie Menschen wie Bälle benutzen... Gerechtigkeit gab es da noch nie, die haben schon immer zu viel verdient und Moral ist ein Fremdwort geworden...
Ulf, Du machst was GUTES, für Menschen, das ist mehr Wert als alles andere. Klar davon kann man sich so wenig kaufen, aber freier Leben als die Bonzen...
Was sagt kloni dazu?
17. März 2010 um 11 Uhr 22 (Permalink)
Es geht nunmal nicht darum wer mehr leistet oder wer mehr für Menschen tut. So funktioniert die Vergütung im Arbeitsmarkt nun mal nicht. Denn es ist auch ein Markt ... und das bedeutet Angebot und Nachfrage regeln die Löhne.
Genau wie z.B. beim Brot ... es tut für uns Menschen auch mehr als der Kaviar, und trotzdem ist es relativ billig. Eben weil Angebot und Nachfrage unterschiedlich sind.
Und wenn man nach der Gerechtigkeit fragt ... da kann man per Definition immer nur zu subjektiven Ergebnissen kommen. Es gibt keine objektive Gerechtigkeit.
Ein Lohn wird doch dadurch legitimiert, dass einer bereit ist diesen zu zahlen, und ein anderer bereit ist, diesen anzunehmen, solang keinem dadurch ein Schaden entsteht.
Also ich möchte in keiner Welt leben, in der mir jemand soundsoviel für meine Arbeit anbietet, ich mit diesem Angebot zufrieden bin ... aber dann ein Dritter daher kommt und sagt, ich dürfe nicht so viel bekommen. Aus welchen Gründen auch immer. Wenn das mal nicht unsere Freiheitsrechte beschneiden würde.
Und im Fall Ackermann ... er ist die schillernde Figur der Deutschen Bank. Und ihr könnt euch vorstellen was passieren würde, wenn er auf einmal das Unternehmen verlassen würde. Der Aktienkurs fällt, die Investoren springen aber, weil keine mehr weiss, wohin die Reise des Unternehmens jetzt geht usw. Und das kostet dann die Deutsche Bank deutlich mehr als die 10Mio, die Ackermann jetzt kassiert. Also muss der Kerl ans Unternehmen gebunden werden, und das passiert bei Vorständen eben nunmal vor allem durch Geld.
Und wenn man zurzeit die hohen Löhne kritisiert, dann doch wohl eher die der Manager der HSH Nordbank und wie die Banken alle heissen, die trotz nachweislicher Managementfehler dicke Boni bekommen haben. Ackermann jedoch hat sein Schiff durch den Sturm gesteuert, ohne Staatshilfen anzunehmen, ohne Steuergelder anzunehmen ... sollte man ihm vielleicht auch hin und wieder mal anrechnen.
Nicht zu vergessen die Milliardenschwere Gewinnsteuer, die jedes Jahr von der Deutschen Bank gezahlt wird, die nur dem Staat (und damit auch uns) zugute kommt, weil die Deutsche Bank so erfolgreich wirtschaftet ... mit Ackermann an der Spitze.
So ... und jetzt haut mich nicht weil ich versucht habe, das ganze mal von einer etwas anderen Sicht zu beschreiben
Was sagt Dr. No dazu?
19. März 2010 um 12 Uhr 15 (Permalink)
Das ist allerdings eine sehr theoretische Herangehensweise. Das als heilig betrachtete Prinzip von Angebot und Nachfrage lässt sich nicht gerecht auf den Arbeitsmarkt anwenden, denn es führt konsequenterweise zu Dumpinglöhnen.
"Also ich möchte in keiner Welt leben, in der mir jemand soundsoviel für meine Arbeit anbietet, ich mit diesem Angebot zufrieden bin ... aber dann ein Dritter daher kommt und sagt, ich dürfe nicht so viel bekommen. Ich weiß nicht, was du beruflich machst (Bankenvorstand? ), aber derzeit sieht es ja wohl eher so aus, dass du und ich und wir alle in einer Welt leben, in der uns jemand soundsoviel für unsere Arbeit anbietet, wir in solchen Fällen aber nicht damit zufrieden sein können, etwa wenn es sich um drei Euro/Stunde handelt - und dann ein Dritter daherkommt und sagt: "Mehr gibt's aber nicht, das wäre ja Sozialismus!"
Und auch die Deutsche Bank ist nicht bloß ein klug wirtschaftendes Unternehmen, sondern betreibt z.B. auch Profitmaximierung durch Arbeitsplatzabbau; d.h. die Beschäftigten, die den Gewinn überhaupt erst erwirtschafteten, werden hinausgefegt, damit diejenigen, die am Ende der Wertschöpfungskette stehen - die Anteilseigner - mehr in der Tasche haben. Von der Art der sonstigen Profiterzielung mal ganz abgesehen.
Und Markt hin, Angebot und Nachfrage her: Es ist mMn nicht rational zu erklären, dass ein Mensch 260 Mal soviel verdient (oder noch mehr, Stichwort Dumpinglöhne) wie ein anderer, obwohl beide hart arbeiten und Verantwortung tragen.
Was sagt kloni dazu?
19. März 2010 um 21 Uhr 18 (Permalink)
"Das ist allerdings eine sehr theoretische Herangehensweise."
Natürlich. Wie soll man auch sonst an die Sache herangehen, wenn man sie erklären möchte? Wenn man emotional, irrationalm untheoretisch an die Sache herangeht, kommt man halt nicht weiter, als bis zum Punkt "ich finde es ungerecht, das da jemand 260x so viel verdient wie ich" und "das kann ja wohl nicht wahr sein" etc..
"Und Markt hin, Angebot und Nachfrage her: Es ist mMn nicht rational zu erklären ..."
Aber genau dadurch wird es doch ein stück weit rational erklärbar. Natürlich sind wir nicht vollkommen von diesen Mechanismen abhängig, dafür sorgt ja schon die Politik. Aber sie sind eben hauptverantwortlich für wirtschaftliche Trends und Entwicklungen. Und da kann man nicht einfach mal sagen, "abgesehen von Angebot und Nachfrage, ...", denn diese sind eben mehr als nur sehr entscheidend und zentral.
Und diese Mechanismen sind dann u.a. auch dafür verantwortlich, dass Dumpinglöhne gezahlt werden. Das Angebot an Arbeit (=Arbeitnehmer, die ihre Arbeit "anbieten" steigt vor allem in den Niedriglohnbereichen, da durch die Globalisierung schnell mal Standorte verlagert werden oder "billige" Arbeitskräfte hierhin kommen und weniger "kosten". "Billigere" Arbeitnehmer werden also immer mehr.
Und was passiert, wenn das Angebot (wie gesagt, die Anbieter sind auf dem Arbeitsmarkt, auch wenn es erstmal komisch klingt, die Arbeitnehmer, da sie ihre Arbeit ja "zur Verfügung stellen" gross ist? (womit wir wieder beim Brot sind) Genau, der Preis sinkt. In dem Fall eben der Lohn.
Klar, das ist wieder total theoretisch. Aber es versucht eben, das ganze zu erklären. Und man kommt damit doch weiter, als wenn man sagt, man lasse jetzt mal so öde Theorie, wie Angebot und Nachfrage, aussen vor und versucht das ganze nur irrational zu erklären.
Was sagt Ulf, der Größte, dazu?
Kommentar vom Scheff hier am 20. März 2010 um 01 Uhr 14 (Permalink)
"Angebot und Nachfrage"?
Bin ich als Arbeitnehmer denn eine Ware? Das riecht nach Sklaverei.
Was sagt kloni dazu?
20. März 2010 um 11 Uhr 26 (Permalink)
Als Arbeitnehmer bietest du dein Know-How, deine Fähigkeiten etc. gegen Lohn an. Bist also Anbieter von Arbeit.
Aber wie man es letztendlich nennt ist doch zweitrangig. Ob Anbieter oder Humankapital, worüber sich viele ja aufregen, oder Arbeitnehmer.
Was sagt Alex Kempe dazu?
20. März 2010 um 21 Uhr 19 (Permalink)
Ackermann ist ein Beispiel dafür, daß nicht Leistung das dicke Konto bringt sondern die große Fresse. Wenn mann vor Jahren angesichts von 111 Millionen Mark von Peanuts redet, hat schon eine ganz große Fresse und so einem wirft die Wirtschaft gerne die dicken Gehälter in den Rachen.
Was sagt Dr. No dazu?
21. März 2010 um 21 Uhr 57 (Permalink)
@kloni: So wie du es in FDP-Sprech erklärst, läuft es, wenn man dem Angebot-und-Nachfrage-Prinzip auf dem Arbeitsmarkt vollkommen freie Bahn ließe. Das würde allerdings zu Verhältnissen wie im 19. Jahrhundert führen. In der Konsequenz würde das bedeuten, dass man auch keine Gewerkschaften oder Arbeitnehmerschutzgesetze mehr bräuchte, weil ja "Der Markt" alles regele: Löhne, Urlaubsansprüche, Sicherheitsbestimmungen... nach dem Motto: Wenn ich nicht bereit bin, zu diesemundjenem Lohn dieseundjene Arbeit zu den angegebenen Bedingungen auszuführen, dann mache ich es eben nicht. DAS meine ich damit, dass deine Überlegungen allzu "theoretisch" klingen, denn es hat außerhalb von BWL-Lehrbüchern mit den realen Verhältnissen des Spätkapitalismus wenig zu tun.
Auf dem Arbeitsmarkt geht es nicht nur um Angebot und Nachfrage, sondern um Menschenwürde und die Fähigkeit, von seiner Hände Arbeit leben zu können. Die Politik ist gefragt, diesem "Markt" Regeln zu geben, um das zu gewährleisten. Ansonsten hätten wir Manchesterkapitalismus. Angebot und Nachfrage führen in diesem Bereich nämlich geradezu zwangsläufig zu Erpressung und Ausbeutung.
Es hilft, sich einen Account anzulegen und sich anständig zu betragen. Dann kannste auch kommentieren.