Realitätsverlust.
Kategorie: Vergangen
Wer auch nur ansatzweise funktionierende Zellen im Zentralnervensystem hat, sollte eigentlich merken, daß die im Analphabetenfernsehen laufenden Reality-Formate nicht mehr mit der Realtät zu tun haben als den Namen. Daß ein Fernsehsender, der sich über verkaufte Werbeminuten finanziert, sich weniger dafür interessiert,
ob irgendwem dadurch geholfen wird, als dafür, daß möglichst viele einschalten, eigentlich auch.
Jedoch bin ich zu der Erkenntnis gelangt, daß für den Durchschnittsmenschen das Verlängerte Mark (Medulla oblongata) schon übertrieben viel Substanz wäre. Damit schlage ich mich schon lange herum und werde immer wieder bestätigt dadurch, daß Menschen glauben, das da im Fernsehen sei echt.
Als ich im Herbst 2007 in Osnabrück in der Klapse war, begegnete mir die Fleischwerdung sämtlicher Vorurteile gegenüber Unterschichten-TV-Konsumenten.
Sie war zwei oder drei Jahre älter als ich (damals 35), lief aber so herum, wie sich noch nicht einmal einmal ein dreizehnjähriges Ghettoflittchen in die Disko trauen würde. Unter einer sehr dicken Schicht Make-Up blühte eine eben dadurch verursachte Akne, verschönt wurde das Gesicht zusätzlich durch rosa Lipgloss (sowas von 80er!). Die Oberteile waren zu kurz, die Hosen knapp, so daß man das über einem String-Tanga angebrachte Arschgeweih zu sehen genötigt war. Und sie war potthäßlich. Wenn alle Frauen so aussehen würden, ich würde schwul werden.
Von Denkfähigkeit war sie auch verschont geblieben. Jedenfalls, und das nur als ein Beispiel, war an der Tür des Raumes, in welchem die Entspannungsübungen stattfanden, ein unübersehbares und eindeutiges Schild angebracht, daß Mobiltelephone verboten seien. Na gut. Kann ja mal passieren. Aber nicht zweimal! Zweimal ist schon schlimm, aber sie schaffte auch noch ein drittes Mal. Womit die Entspannung jeweils gesprengt war.
Ihre beiden Kinder waren natürlich auch von verschiedenen Männern, allerdings war sie alleinerziehend. Das war aber nicht so schlimm, als Hartz-IV-Empfängerin war sie ja ohnehin den ganzen Tag frei. Ich dachte ja, Klischees seien Blödsinn, aber hier traf alles zu. Und natürlich sah sie auch die entsprechenden FernsehsenderInnen. Und weil sie Erziehungsprobleme hatte (Nochmal Klischeekiste) meldete sie sich tatsächlich bei der Super Nanny an. Sie dachte wirklich, ihr werde geholfen! Wie das in wenigen Drehtagen gehen soll, darüber hatte sie natürlich nicht nachgedacht. Sie berichtete zudem, daß die meisten Szenen gestellt waren und daß Frühstücksszenen nachmittags gedreht worden waren.
Und sie regte sich auf, daß sie nach der Ausstrahlung auf der Straße in ihrem Viertel ständig darauf angesprochen wurde. Sie hatte wohl gedacht, außer ihr sieht niemand fern. Wenn man von "gedacht" in diesem Fall überhaupt sprechen kann. Natürlich ging es auch ihren Kindern nicht besser, die sich in der Schule allen möglichen Mist anhören durften. Die waren natürlich die Hauptleidtragenden dieser Geschichte. Die Mutter hatte sie aus Dummheit der gesamten Nation zur Unterhaltung ausgeliefert.
Das kommt davon, wenn man glaubt, das Fernsehen sei echt. Nunja. Irgendwann wollte ich mal, gegen halb elf meine ich, ins Bettchen gehen. Tat ich auch, wobei ich bemerkte, das Zimmergenosse Ö. (der mit den rasierten Händen) schon drin lag. Aber nicht alleine. Wie triebhaft muß mann sein, sein Würstchen in das scheußlichste Senfglas aller Zeiten zu stecken? Mich gruselte, ich drehte mich zur Wand, um das Geschehen nicht mit ansehen zu müssen. Doch die beiden verzogen sich. Wie ich später hörte, wurden sie noch im Tagesraum aufgestöbert, wo sie ihren Trieben nachgingen.
Das gab natürlich Ärger. Aber ich hatte wieder meine Ruhe. Und konnte endlich schlafen.
--- UPDATE 2. Dezember 2011 ---
Anscheinend gibt es doch Alphabeten, die das anders sehen...
Verzapft am 24. Mai 2011, so um 19 Uhr 15
Kommentare
Was sagt Alex dazu?
01. November 2011 um 23 Uhr 56 (Permalink)
Das wirklich schlimme ist, dass die Frau nicht kapiert, was für einen Schaden sie anrichtet...
Es hilft, sich einen Account anzulegen und sich anständig zu betragen. Dann kannste auch kommentieren.