Geschichtsstunde: Reste der Kolonialzeit.
Kategorie: Verschiedenes
In meinem Geschichtsunterricht vor einem Vierteljahrhundert wurde die Kaiser- und Kolonialzeit nicht sonderlich ausführlich behandelt. Unser vertrockneter Giftzwerg von Lehrer, der uns auch in Latein zu quälen beliebte, zog es zudem vor, uns
den Stoff möglichst unattraktiv zu präsentieren.
Sonst wäre ich vielleicht nicht erst in den frühen Neunzigern im Rahmen meiner Friedensaktivitäten auf das Traindenkmal aufmerksam geworden, welches vor allem der Soldaten der Kolonialtruppen gedenkt. Ein hässlicher Betonklotz mit zwei schweren Bronzetafeln*1 (auf dem Bild ist die vordere Tafel, die man besser sieht) davor, die die Helden von einst verehren. Das Trainbataillon metzelte heldenhaft im damaligen Deutsch-Südwestafrika die Herero und Nama nieder, die begreiflicherweise nicht sehr begeistert davon waren, dass da einfach Fremde kamen und sagten: „Euer Land gehört jetzt uns und Ihr auch und Ihr gehorcht uns jetzt gefälligst!“*2
Der Befehl lautete bald, alle Einheimischen erbarmungslos zu vernichten. Also Völkermord*3. Das in Münster stationierte 7. Trainbataillon war mit dabei.
Immerhin hat die Stadt mittlerweile eine schäbige blecherne Hinweistafel*4 in der Nähe des Denkmals an der Promenade aufgestellt. Gerechter würde ich finden, wenn die mindestens 85000 Opfer dieses Völkermordes auf den Bronzeplatten geehrt würden statt der „Helden“, die sie im Auftrag deutschen Großmachtwahns abschlachteten. Und den Ursprungszweck des Denkmals auf einer kleinen Tafel daneben erwähnen würde. Die Täter sollten nicht mehr Raum haben als ihre Opfer.
Doch so ist es bei den meisten Kriegerdenkmälern: Der Soldaten wird gedacht, der Opfer auch in der Zivilbevölkerung jedoch eher am Rande oder gar nicht. Vor allem nicht, wenn sie schwarz sind.
- Anm. 1: vordere Bronzetafel:
„Westf Train Bataillon No 7
Es starben den Heldentod für Kaiser und Reich in Deutsch Südwestafrika 1905 – 1906 Sergeant Gustav Durchholz
Gefreiter Otto Chemnitz, 3. Kompanie“ - Alle Inschriften hier. - Anm. 2: Natürlich ist das ein wenig verkürzt dargestellt.
- Anm. 3: Immerhin haben die Nachfahren des mitverantwortlichen Gereral von Trotha vor etlichen Jahren feierlich um Vergebung gebeten. Echte Wiedergutmachung wie Entschädigungszahlungen sind bislang aber noch nicht gelaufen. Immerhin hat man die Herero-Knochen aus der Charité zur Bestattung zurückgegeben.
- Anm. 4: Blecherne Hinweistafel der Stadt Münster an der Promenade:
„Traindenkmal - den Opfern zur Erinnerung, den Lebenden zur Mahnung
Diese Großstele wurde am 4. Juli 1925 vom Traditionsverein der ehemaligen Trainabteilung Nr. 7 zum Gedenken an ihre gefallenen Kameraden errichtet. Sie erinnert an drei Soldaten, die in deutschen Kolonialkriegen in China und Deutsch-Südwest-Afrika gefallen sind.
1928 wurden zusätzlich zwei Gedenktafeln neben dem Kriegerdenkmal angebracht. Sie erinnern an drei gefallene Soldaten, die in den Kolonialkriegen in China und Deutsch-Südwestafrika gefallen sind.
Wir gedenken der zehntausenden Toten der unterdrückten Völker. Im heutigen Namibia wurden viele Hererofamilien in die Wüste gezwungen, wo sie elend zu Grunde gingen.
Von der Heldenverehrung zum Opfergedenken.“
Verzapft am 06. Januar 2014, so um 13 Uhr 39
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