Ulf. Mehr oder minder täglich Privatkram.

Hansi hat ein Bein ab (Gastbeitrag)

Kategorie: Verrueckt

Hansi, nennen wir ihn Hansi, ist vor wenigen Wochen Vater eines Sohnes geworden. Er hat einen schlecht bezahlten Job als Programmierer, ist nicht fest angestellt sondern hat den dritten Zeitvertrag bekommen, der auch bald auslaufen wird. Ja, er hat sich immer wieder Sachen gekauft, von denen er dachte, er bräuchte sie unbedingt. Dadurch hat er Schulden bei seiner Bank, die ihm gerne einen Kredit aufgeschwatzt hat. Jetzt muss er auch noch für seinen Sohn aufkommen.

Eigentlich war seine Vorgeschichte mit psychischer Erkrankung fast schon ausgestanden. Der Suizid-Versuch war vor über 15 Jahren. Er hat eine „nette“ Mischung aus Psychose und Depression. Aber seine aktuelle Situation belastet ihn, belastet ihn immer mehr, lässt ihm keine Ruhe, Ängste steigen in ihm auf, werden größer, drohen ihn zu erschlagen. Er nimmt seine Bedarfsmedikation, ruft seinen Arzt an, ruft bei der Klinik an, er ist total verzweifelt.

Sterben, sterben will er nicht. Die Klinik vertröstet ihn auf morgen, morgen kann er aufgenommen werden. Die Ängste steigen immer weiter in ihm auf, nehmen ihm die Teile seines Verstandes, die man gesund nennen kann. Die Ängste lassen sich auch nicht von der Bedarfsmedikation nicht eindämmen, sie steigen immer weiter an.

Er springt aus dem Fenster, aus dem dritten Stock.

Beim Aufprall wird einer seiner Unterschenkel so zertrümmert, dass er amputiert werden muss.

Er wollte nicht sterben, er wollte Hilfe, die Psychiatrie war überfüllt, hatte keinen Platz für Hansi. Für Hansi, der vor wenigen Wochen schon mal da war, mit den Schnitten im Unterarm hatten sie ihn da noch aufgenommen. Aber diesmal war seine Verzweiflung viel schlimmer.

Jetzt macht er sich selbst Vorwürfe, dass er als Krüppel noch weniger für seinen Sohn aufkommen kann.

Aber was nützen die Vorwürfe, es ist passiert.

(Autor möchte anonym bleiben. Die Geschichte ist so passiert.)

Verzapft am 23. August 2014, so um 15 Uhr 19

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