Der Sommer der Chilischokolade.
Kategorie: Verrueckt
Damals hatte ich eine Phase, wo ich am liebsten Chilischokolade futterte.Es war der Sommer 2007, den ich wegen erhöhter Suizidalität zum größten Teil in der Geschützten Krisenintervention der LWL-Klinik (damals Station 24.1) verbrachte. Zusammen
mit anderen eigengefährdeten Kreaturen, psychotisch, depressionskrank und borderline-gestört, wie wir alle waren.
Meine Eltern versorgten mich stets mit Nachschub, auch mit anderen Dingen, in der berechtigten Hoffnung, mein krankes Gemüt ein wenig pflegen zu können.
Wirklich scharf war diese Schokolade*1 nicht, aber sie gab ein leichtes Gefühl von Wärme im Mund und intensivierte den Schokoladengeschmack. Nur mochte kaum jemand außer mir so etwas.
Ich war bei den meisten „Kolleginnen“ recht beliebt, weil ich keine Fragen stellte, wenn ich auch besser nicht hätte sollen. Besonders ein paar von den Borderlinerinnen schätzten es, wenn sie sich zu mir setzten und ich zunächst nur frug, ob Reden erwünscht sei, und sie nicht bedrängte. Wäre ja auch nicht mein Job gewesen, bin kein Therapeut. Und ich hatte auch nicht immer Bock, über alles zu reden. Manchmal möchte man ja auch nur zu zweit oder dritt seine Ruhe haben und gemeinsam schweigen.
Alle Borderlinerinnen, die damals mit mir auf der Station waren, waren dort auch wegen Selbstverletzenden Verhaltens.
Dagegen gibt es sogenannte Skills, Methoden, die einen davon abbringen, an sich herumzuschnippeln oder ähnliches zu tun. An Ammoniak schnüffeln, irgendwas mit Sport, falls möglich, alles mögliche kann das sein, was einen Reiz darstellt. Auch auf Chilischoten (im Dienstzimmer in verschiedener Stärke angeboten) herumkauen.
Ein junges Mädchen probierte deshalb von meiner Schokolade. Aus Neugier. Und kam dann immer mal wieder, wenn sie SVV-Druck hatte.Nur ein Stückchen davon reichte ihr meistens schon. Obwohl es nicht einmal im Mund brannte.
Ich muss nicht verstehen, wie das funktionierte. Aber ich fand es erfreulich.
Ich hatte jemanden zum Teilen gefunden.
- Anm. 1: von Lindt
Verzapft am 22. Februar 2015, so um 11 Uhr 44
Kommentare
Was sagt frankfuttaa dazu?
22. Februar 2015 um 17 Uhr 49 (Permalink)
So sprach derherrgott.de zum Kaiser Ulf von Deutschland:
Teile die Schärfe gar redlich, auf dass auch die Sinne werden geschärft!
Zähle die Schafe gar redlich, auf dass auch diese Last sei geschafft !
Es hilft, sich einen Account anzulegen und sich anständig zu betragen. Dann kannste auch kommentieren.