Ulf. Mehr oder minder täglich Privatkram.

Geschmacksterrorismus:

Kategorie: Verschiedenes

Mittlerweile ist ja den meisten Menschen in dieser unserer Repupsblik bekannt, daß ohne den Zusatz von Aromastoffen kaum noch etwas läuft. Der weltweite Bedarf an Erdbeeren ist beispielsweise deutlich höher als die Produktion der kleinen Früchtchen. Ich bin auch schon auf Yoghurt gestoßen, der offensichtlich vor allem aus Farbe und Geschmacksersatz bestand. Dieser, so erzählte man mir einst, dürfe sich deshalb "natürlicher Aromastoff" nennen, weil er aus den verschimmelnden Spänen irgendeines australischen Gehölzes, also einer natürlichen Grundlage, erzeugt werde. Ob glaubwürdig oder nicht, seitdem hat Erdbeerjoghurt für mich einen holzigen Beigeschmack. Aber das ist sicher nur psychisch.

In der Mittelstufe war ich der einzige Schüler in der Chemiestunde, der Vanillin von der wesentlich komplexeren natürlichen Vanille (die auch Vanillin enthält) unterscheiden konnte. In Koch- und Backrezepten steht auch immer etwas von Vanillinzucker. Das sehe ich nicht ein, warum soll ich mich damit zufriedengeben, wenn ich für ein paar Cent mehr Geld eine ganze Menge mehr Geschmackserlebnis habe?

Und alles ist so intensiv. Die Produkte aus Holzminden, wo das Zeugs hergestellt wird, werden mittlerweile nicht mehr zur Unterstützung des Geschmacks eingesetzt, sondern ersetzen penetrant jeglichen solchen. Und es scheint schlimmer zu werden. Nach ewigem Nichtessen dieses berühmten Doppelkekses mit der Schokolade dazwischen und dem komischen Seppel da vorne drauf verspeiste ich einen solchen, wobei ich auf mir neu erscheinendes, extrem penetrant durchschmeckendes Vanillin stieß, welches den Keks geradezu ekelerregend machte. Sowieso kommt heute überall Vanille rein, sogar in Tee, Kaffee und so.

Ich habe nichts gegen Vanille, im Gegenteil, sie ist nicht umsonst eines der liebsten Gewürze der Menschen weltweit. Aber zu intensiv ist meistens fies. Gilt für alle diese Dinge. Eine Kurskollegin hatte sich beispielsweise mal extrem mit Vanilleparfüm eingedieselt, so daß sogar die Dozentin weit weg von ihr die Nase rümpfte. Ich hingegen bekam ziemlich schnell Kopfweh und außerdem war mir am Ende der endlos scheinenden Stunde kotzübel.

Einige Zeit gab es ja auch so Kästen für Kochen mit Aromastoffen. Das habe ich nie wirklich verstanden. Warum Pfefferaroma nehmen, wenn ich auch Pfeffer nehmen kann?

Und denn immer man schütt, immer man rein damit. Widerwärtig. Und überall Glutamat. Ich finde, das Zeug irgendwie fies, das macht, richtig schlecht dosiert, alles ganz komisch.

Kann man nicht mal einfach schmecken?

Verzapft am 26. Mai 2011, so um 14 Uhr 34

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Kommentare

Was sagt Tony dazu?

26. Mai 2011 um 14 Uhr 52 (Permalink)

Hi!,

Also ich könnte mir vorstellen, dass dies auf die zunehmende Geizigkeit der Leute zurückzuführen ist.

Wenn jetzt z.B. ein Joghurtproduzent richtige Früchte bzw. deren Extrakte verwenden würde, würden seine Produktionskosten sich vervielfachen und diese Kosten müssten dann an den Endkunden weitergegeben werden.

Deshalb kaufen die Verbraucher ihren Joghurt doch lieber im Discounter, wo er ja doch sehr viel billiger ist wie bspw. in einem BIO-Laden.

Was sagt Ulf, der Größte, dazu?

Kommentar vom Scheff hier am 26. Mai 2011 um 14 Uhr 58 (Permalink)

Vielleicht. Auf jeden Fall scheint ein immer heftigeres Bedürfnis nach immer heftigerem "Geschmack" zu bestehen.

Was sagt Sascha dazu?

26. Mai 2011 um 15 Uhr 02 (Permalink)

Die Sache mit dem Vanilleparfum kann ich sehr gut nachvollziehen. In meiner Schulzeit (lang ist's her^^) gab es da ein Mädel meiner Klasse, die es mit diesem Zeug auch maßlos übertrieb. Das endete damit, dass ich heutzutage -also Jahre später- diese Vanilleparfums schrecklich finde, selbst wenn die Frauen die nur dezent einsetzen.

Und was die Geschmacksverstärker und Aromastoffe angeht, meine ich mich entsinnen zu können, vor einigen Monaten mal einen Test im Fernsehen gesehen zu haben, nach welchem viele Jugendliche die künstlichen Aromen leckerer und "echter" finden als die natürlichen, weil sie halt die natürlichen kaum noch kennen und nur mit dem künstlichen Zeug aufgewachsen sind. Man kann zwar darüber streiten, wie aussagekräftig solche TV-Tests manchmal sind, vorstellen könnte ich mir ein solches Ergebnis aufgrund der dargestellten Argumentation allerdings in jedem Fall. Schade eigentlich sad

Was sagt Jack dazu?

26. Mai 2011 um 15 Uhr 35 (Permalink)

@Tony: Ich wäre an dieser Stelle vorsichtig damit, dem Verbraucher die Schuld zu geben. Was bleibt diesem denn noch für eine Wahl, als die Produkte lediglich nach dem Preis zu unterscheiden?
Bisher habe ich noch keinen Joghurt mit der Aufschrift "Garantiert ohne Aromen aus Holzspänen" gefunden. Und selbst wenn mal einer mit hochwertigen Inhaltsstoffen wirbt, stellt sich am Ende doch nur wieder so was raus: http://foodwatch.de/newsletter/newsletter_archiv/2009/abgespeistde_purchoc/index_ger.html

Was sagt Frederik dazu?

28. Mai 2011 um 10 Uhr 18 (Permalink)

Das klingt nach dem schrecklichen Bruno Banani Parfüm in der schiefen rosa Flasche, uärgh.

Ich vermute, dass die Kostengründe eine tragende Rolle beim Aromenfaschismus spielen.

Hinzu kommen jedoch sicherlich auch die total verkümmerten Geschmacks-, Geruchs- und Wasauchimmer-Nerven der Menschen!

Wenn ein Produkt heute nicht bei Facebook "geliket" werden kann, dann wirds nicht mehr gekauft.

Der Geschmack ist doch Nebensache geworden.

PS: Ich sehe gerade, dass du seit einiger Zeit Nichtraucher bist - Willkommen in der Welt des ungefilterten Geschmacks wink

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