Ich: Mängelexemplar.
Kategorie: Kultur
Nicht zum ersten Mal „lese“ ich das Buch. Bzw. ich höre es. Überwiegend abends vorm Einschlafen. An das erste Mal jedoch, es mag etwa eineinhalb Jahre her sein, erinnere ich mich noch sehr gut. Und meine Liebste ebenso. Denn
wir fühlten uns ständig irgendwie ertappt.
Die Rede (oder besser Schreibe) ist von „Mängelexemplar“, geschrieben von Sarah Kuttner.
Caro (oder Karo?), die Protagonistin (was ich eigentlich besser „Hauptfigur“ nennen könnte) ist siebenundzwanzig, ist depressionskrank und hat drölfzig Probleme, auch in der Liebe. Selbst als sie glücklich sein sollte, gelingt ihr das nicht richtig.
Das soll reichen an Inhalt. Manchmal komme ich heute noch durcheinander, weil ich Schwierigkeiten habe, die verschachtelten Zeitabschnitte zu sortieren. Macht aber nix.
Angeblich hat sie sich an seelisch kranken FreundInnen orientiert. Ich mag das aber nicht so recht glauben, denn die Gedankengänge eines depressiven Gehirns werden derart echt beschrieben.... Und dabei witzig. Deshalb ist dies als Nachttischlecktüre eigentlich denkbar ungeeignet. Denn wir müssen lachen. Über uns selbst und wie die Depression vermittelt wird. Wer selbst keine Depression zur Verfügung hat, der möge lesen, lachen und sich dann das Ganze ohne Freude vorzustellen versuchen.
Dieses verkorkste Denken, dieses immer wieder Negative, obwohl nichts negatives da ist, dieses sich-selbst-immer-wieder-in-die-Scheiße-verirren, dieses sich selbst etwas vormachen... Irgendwie bekannt. Bestens bekannt. Eines der wenigen Bücher, welches sich wirklich erlauben darf, sich lustig zu machen über eine Scheißkrankheit. Weil diese dennoch ernstgenommen wird. Und ich mich darin wiederfinde. Wieder und wieder.
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Den Artikel habe ich nicht zu Werbezwecken geschrieben, sondern aus Überzeugung. Vielleicht hilft das Buch den nicht-depressiven, die Krankheit besser zu verstehen. Aber das mit der Werbung hole ich hiermit nach:
Wenn Ihr Euch das kaufen wollt, dann am besten über die Links unten (Amazon-Partnerlinks). Dann fallen ein paar Pfennig auch für mich ab. Danke!
Mängelexemplar (Buch)
Mängelexemplar (Hörbuch, 5 CDs)
Mängelexemplar (E-Book, für Kindle)
Verzapft am 04. Oktober 2011, so um 11 Uhr 51
Kommentare
Was sagt Westsideblogger dazu?
04. Oktober 2011 um 18 Uhr 08 (Permalink)
Gibt es noch Menschen, die nicht an Depressionen leiden? Ich meine das nicht herabwürdigend. Mir begegnen zumindest im Berufsleben tagtäglich Menschen mit eindeutigen Anzeichen.
Was sagt Ulf, der Größte, dazu?
Kommentar vom Scheff hier am 04. Oktober 2011 um 18 Uhr 21 (Permalink)
Ganz so extrem ist es zwar nicht, aber die Zahlen sind schon recht hoch. Hinzu kommen die ganzen Burnout-Fälle, die sich vergleichbar äußern...
Was sagt Westsideblogger dazu?
04. Oktober 2011 um 20 Uhr 10 (Permalink)
Mein Doc sagt, BurnOut sei ein scheußlicher Modebegriff für eine handfeste Depression. Ist nix anderes, sollte nur eine gewisse "Kaste" von anderen abheben. Die einen sind Depressiv, die anderen von der Verantwortung ausgebrannt... Das weiß ich, weil ich auch mal ausgebrannt war...
Was sagt Ulf, der Größte, dazu?
Kommentar vom Scheff hier am 05. Oktober 2011 um 09 Uhr 38 (Permalink)
Der Amtsarzt neulich meinte, Rauchen sei keine Sucht.
Was sagt Westsideblogger dazu?
05. Oktober 2011 um 16 Uhr 09 (Permalink)
Da hat er recht. Ist was mit persönlicher Überwindung.
Was sagt JoNa dazu?
06. Oktober 2011 um 11 Uhr 22 (Permalink)
Mein Doc sagt, BurnOut sei ein scheußlicher Modebegriff für eine handfeste Depression. Ist nix anderes, sollte nur eine gewisse "Kaste" von anderen abheben. Die einen sind Depressiv, die anderen von der Verantwortung ausgebrannt... Das weiß ich, weil ich auch mal ausgebrannt war...
Ich will nicht darüber urteilen, ob der "Doc" recht haben könnte oder nicht. Fakt ist: Symptome beider Phänomene überschneiden sich.
Aber: Was ist das für ein Doc? Ein Hausarzt etwa? Wie qualifiziert ist er für psychische Erkrankungen. Ein großes Problem bei der Versorgung psychisch Erkrankter ist eben, dass diese zum überwiegenden Teil bei Hausärzten landen, die das Problem durch die Gabe von - mitunter ja irgendwie wirkenden Medis - verschleppen. Mediziner müssen für psychotherapeutische Arbeit nur eine Zusatzausbildung über 300 Stunden absolvieren. Psychologische Psychotherapeuten werden hingegen nach ihrem Psychologiestudium weitere 3-4 Jahre ausgebildet...
Noch mal zurück zum Burnout als Modebegriff: Psychologische Diagnostik ist nicht ausgereift! Die Klassifikationssysteme werden recht regelmäßig, aber mit großen zeitlichen Abständen überarbeitet. Zwischen ICD9 und 10 bzw. DSM 3 und 4 liegen Welten. Es ist auch tatsächlich so, dass sich Krankheitsbilder verändern, in der relativen Häufigkeit zu- oder abnehmen und voneinander abgegrenzt werden können und müssen. Einzelne Diagnosen sind in der Fachwelt dabei durchaus umstritten und müssen weiterhin erforscht werden.
Ich wäre darum vorsichtig Burnout vorschnell als "einfache" Depression abzutun.
Was sagt Westsideblogger dazu?
06. Oktober 2011 um 11 Uhr 51 (Permalink)
@JoNa
Mir liegt es fern, eins von beiden als "einfach" zu bezeichnen. Eine Depression ist nie einfach (nur da). Ob es nun Burn Out oder Depression genannt wird. Für den Betroffenen ist es in beiden Fällen keinesfalls einfach.
Dies nur zur Erläuterung, da ich mir ein wenig missverstanden vorkam.
Was sagt JoNa dazu?
06. Oktober 2011 um 23 Uhr 09 (Permalink)
@Westsideblogger,
ich hab dich nicht falsch verstanden, hoffe ich. Mit "einfach" meinte ich keinesfalls, dass es leicht zu bewältigen wäre. Einfach sagte ich, weil die klassische Major Depression eine Diagnose ist, die leicht anhand weniger fixer Kriterien gestellt werden kann.
Es hilft, sich einen Account anzulegen und sich anständig zu betragen. Dann kannste auch kommentieren.