Ulf. Mehr oder minder täglich Privatkram.

Krankenhaus nicht serienreif!

Kategorie: Verdingt

Wenn es nicht so tragisch wäre, müßte ich darüber lachen, daß viele Leute tatsächlich glauben, Krankenhausserien würden die Realität im Krankenhaus abbilden.

In Wirklichkeit ist der Krankenhausalltag alles andere als serientauglich.
Wer interessiert sich schon dafür, wie ich morgens durch die Zimmer marschiere, Blutdruck, Puls und Temperatur messe, Betten richte, Medis verteile, Rücken und Hinterteile und ganze Personen wasche und mit ihnen über das Wetter, Krankheiten und alles mögliche quatsche?

Wer interessiert sich dafür, wie ich Berichte schreibe, Anordnungen in den Computer hacke, mit den DoktorInnen über Patienten diskutiere, die weniger spektakulär sind als in Krankenhausserien? Selbst die für mich so wichtigen intensiven Gespräche mit sterbenden PatientInnen, Depressiven, Alkoholikern wären für das unterschichtenfernsehverunwöhnte Publikum nicht interessant, weil echte Schicksale erstaunlich unspektakulär sind.

Wer würde wirklich eine realistische Reanimation sehen wollen, mit knackenden Geräuschen, Ausscheidungen aus sämtlichen Löchern und für Laien unverständlichen Kommandos und Handlungen? Die überhaupt nicht so ablaufen wie im TV? Wo nicht mehr benötigtes Zeug einfach irgenwo hingeworfen wird, Hauptsache, es ist aus dem Weg? Und einen Müllberg hinterlassen, wenn der Patient dann vom Intensivteam mitgenommen wird?

Wer interessiert sich fürs Essenverteilen, dafür, wie dem Patienten das Brötchen geschmiert wird? Oder der alten Dame, die gar nicht mehr kann, angereicht wird ("füttern"), wobei ihr die Hälfte wieder aus dem Mund fällt und alles sowieso quälend lange dauert, während andere Arbeit solange liegenbleibt?

Wer will wirklich sehen, wie ich Kotze, Scheiße, Blut oder alles gleichzeitig beseitige nach einer Magen- oder Darmblutung?

Wer will wirklich sehen, wie ich Verstorbene zurechtmache für die Angehörigen und irgendwann in der Prosektur auf eine schmucklose Zinkwanne umbette und ihnen noch ein Blümchen in die Hand gebe?

Wem würden die ständigen Liebeleien zwischen Ärzten und Schwestern und Auszubildenden und die ganzen Intrigen nicht fehlen?

Ich finde meinen Job jeden Tag aufs Neue spannend, und ich liebe ihn. Aber für Herzschmerz und zur Unterbrechung der Werbung taugt mein Alltag so gar nicht. Fernsehen und Unterhaltung ist das eine. Das Leben ist anders.

Verzapft am 01. Mai 2010, so um 18 Uhr 54

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Kommentare

Was sagt psychoMUELL dazu?

02. Mai 2010 um 07 Uhr 15 (Permalink)

wer nimmt denn an, das "wir" die Realität auch schon im TV sehen wollen? Das unterhält doch nicht wink

Was sagt Claudia dazu?

02. Mai 2010 um 07 Uhr 45 (Permalink)

Genau. Man stelle sich einen Krimi vor, in dem die Ermittler stundenlang Akten wälzen und sonst gar nix. Will man doch nicht im Fernsehen sehen. wink

Was sagt Ulf, der Größte, dazu?

Kommentar vom Scheff hier am 02. Mai 2010 um 12 Uhr 15 (Permalink)

Ich finde das Leben spannender als Fernsehen.

Was sagt ly dazu?

04. Mai 2010 um 18 Uhr 02 (Permalink)

echter krankenhaus betrieb ist apannender als diese seifenopern. kann ich bezeugen.

ausser dr.house. lass ich nix drauf kommen

Was sagt charlotte sometimes dazu?

04. Mai 2010 um 18 Uhr 11 (Permalink)

bin ich unterschicht weil ich House gucke? und jedem Deppen sollte doch klar sein dass man krebs nicht in 30 Minuten heilt(wenn ueberhaupt).
wenn ich realtv wollte, muesste ich nur rtl2 "glotzen" aber da werd ich selbst magentechnisch zum fall fuer den onkel doc.

Was sagt BAB dazu?

04. Mai 2010 um 20 Uhr 15 (Permalink)

Wer hat schon einen filmreifen Beruf und einen Oskarverdächtigen Arbeitstag. Aber ich Teile Deine Auffassung - Auch ich liebe meine Arbeit (die schweren Tage genauso wie die leichten). Und hey - das können nicht alle sagen. Wer weiß ob die In der Kiste Ihren Job genauso lieben - tauschen möcht ich nicht. <b>Das Leben ist eben nicht nur anders - es ist besser.</b>

Eigenen Senf dazugeben?

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