Empörung, Tatenlosigkeit, Enttäuschung, Resignation.
Kategorie: Meine unqualifizierte Meinung
Seit zwanzig Jahren bin ich Mitglied der Deutschen Friedensgesellschaft. Nahezu durchgehend war ich aktiv, beriet werdende Kriegsdienstverweigerer und Soldaten, die nachträglich die
Bundeswehr verlassen wollten. Wir stellten Aktionen auf die Beine, um die Menschen zu informieren, Demonstrationen, Radiosendungen.
Ich konnte so hautnah miterleben, wie sich unsere "Kundschaft" entwickelte: Als ich anfing, waren diejenigen, die zur Beratung kamen, zu einem recht großen Anteil interessiert am Thema Frieden. Als sich das Volk gewöhnte an die scheibchenweise servierten Auslands-Kriegseinsätze, all dies "normaler" und selbstverständlicher wurde und die Dienstzeiten immer kürzer wurden (ich gehörte zu den Ersten, die nur noch fünfzehn Monate Zivildienst leisten brauchten statt achtzehn), bis zuletzt nur noch sechs Monate und dann nichts mehr zu leisten blieb, wurde auch das politische Interesse der immer weniger zu unseren Veranstaltungen erscheinenden Besucher geringer. Die meisten holten sich sozusagen ihre kostenlose Beratung ab (ohne Gegenleistung wie Spende oder sonstigem) und fertig.
Ließen sich früher ganze Veranstaltungsräume füllen, lohnt sich Werbung für diese heute gar nicht mehr. Die Menschen wirken nicht interessiert.
Und ich? Was macht das mit mir?
Irgendwann frustrierte mich, daß ich die Welt nicht verbessern konnte, ja selbst einzelne Menschen nur selten zum Nachdenken anregen konnte. Gut, 2003 kamen wirklich alle auf die Straße, aber da kackten sich auch alle vor Angst vor den Folgen eines Saddam-Krieges in die Hose. Angst funktioniert, wie damals zu Beginn der Achtziger die Angst vorm Dritten Weltkrieg mit Atombomben.
Aber letztlich interessiert sich jeder Mensch doch nur für seine eigene Bequemlichkeit, sein eigenes Wohlergehen.
Habe ich aufgegeben? Nein, nicht wirklich. Ich habe aufgegeben, die Welt verändern zu wollen. Oder die Gesellschaft. Ich kann eigentlich nur versuchen, selbst so gut wie möglich zu sein und damit andere anzuregen, dies auch anzustreben. Ich versuche mich selbst immer weiter zu entwickeln. Klappt natürlich auch nicht immer gleich gut. Aber resignieren? Nö!
Enttäuscht bin ich selbstverständlich schon- denn ich habe mich GEtäuscht in der Meinung, viel bewegen zu können. Was ich aber kann: Nicht tatenlos zusehen, sondern so viel tun, wie ich schaffe, ohne dabei zugrunde zu gehen. Ich kann mich immer noch wie Stefan empören und Meinung weitergeben.
Was die Menschen daraus machen, ist deren Angelegenheit, nicht meine. Das müssen sie selbst wissen. Ich habe lange gebraucht, um das wirklich zu erkennen.
Verzapft am 28. Juli 2011, so um 12 Uhr 43
Kommentare
Was sagt Stefan dazu?
28. Juli 2011 um 13 Uhr 19 (Permalink)
Und dafür bewundere ich Dich.
Bei mir ist diese Erkenntnis noch lange nicht so weit gereift. Ich verzweifel immer wieder und immer öfter an den nichtssagenden Statusmeldungen meiner Facebook-"Freunde" und muss dann einfach solche Beiträge wie den verlinkten schreiben. Ich habe tatsächlich noch die Hoffnung, einige dieser Ignoranten würden es lesen und anfangen, nachzudenken.
Aber es tut sich einfach nichts. Und das macht mich echt fertig...
Was sagt Ma Rode dazu?
28. Juli 2011 um 13 Uhr 42 (Permalink)
FB ist doch wirklich nur Instant-Kram, nichts wirkliches Gehaltvolles. Ich denke, dass Ihr in Euren Blogs (oder sagt man Blöcke? Egal) ne Menge mehr bewegt als in FB. Dort ist Oberflächigkeit angesagt. Meine Prioritäten liegen ganz klar bei Euren und vielen anderen Blogs, nicht jedoch bei FB.
Ansonsten lese ich seeeehr gerne bei Euch mit und finde mich oft wieder in Euren Niederschriften. Also, weitermachen!
Ma Rode
Es hilft, sich einen Account anzulegen und sich anständig zu betragen. Dann kannste auch kommentieren.