Ulf. Mehr oder minder täglich Privatkram.

Alles „nur psychisch“?

Kategorie: Verrueckt

Die Schwarze Lady (Sinnbild für die Depression)Immer wieder bekomme ich zu hören, ich habe es ja nicht so schlimm, ich sei ja nur psychisch krank. Manch anderer Schwerbehinderter degradiert einen gar sozusagen zum Behindi zweiter Klasse, da man ja nicht richtig behindert*1 sei.

Daher irritierte mich die Aussage einer Siebzehnjährigen, die sagte, SIE sei ja nicht so schlimm dran, sie sei ja nur körperlich krank. Ein Mädchen mit einer sehr schwer verlaufenden chronischen Darmgeschichte, das mehr Operationen als Parties auf dem Buckel hat, deren Bauch ein künstlicher Darmausgang ziert und so viele Operationsnarben, dass ein Reißverschluss vielleicht sinnvoller wäre.

Alles nur psychisch? Alles nur körperlich?

Es gibt kein „NUR“.

Ich möchte glaube ich nicht tauschen mit besagtem Mädel, auch wenn ich meine Depression und den ganzen Kack drumrum nicht wirklich gebrauchen kann. Krankheiten sind immer scheiße, und Leid lässt sich nicht vernünftig vergleichen. Körperliche Gebrechen lassen sich höchstens besser vermitteln als affektive Störungen oder andere, bei denen man nicht genau zeigen kann, was denn nun kaputt ist.

Ich weiß nicht, wie viele Menschen auch gar nicht bereit sind, zu verstehen, die zu verstehen ablehnen, warum auch immer. Man muss auch nicht alles verstehen. Aber vielleicht wenigstens akzeptieren.

Schlimm wird es, wenn genau die Leute es nicht drauf haben, die es von Berufs wegen draufhaben sollten. Egal ob psychisch. Egal, ob körperlich. Egal, wie auch immer.

Verzapft am 20. Juli 2013, so um 22 Uhr 08

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Kommentare

Was sagt Westsideblogger dazu?

20. Juli 2013 um 22 Uhr 21 (Permalink)

Krankheiten lassen sicht nicht gegeneinander aufwiegen. Maximal kann der Kranke für sich selber entscheiden, was ihm besser stünde, oder was ihm lieber wäre. Das ist aber auch nur ein rein hypothetische Annahme, die sich, sollte man eines Tages a gegen b tauschen können, andersherum genauso empfunden wird.
Natürlich gibt es "schlimmere" Dinge als die, die man selber hat. Ich kannte jemanden, der verlor nach einem Motorradunfall beide Arme. Wenn wir in die Kneipe gegangen sind, musste man ihm die Hose auf dem Klo zumachen. Er meinte dazu zwar, er müsse sich ja nichtmal die Hände waschen, aber da war er schon am Rande seines wachsenden Zynismusses angelangt. Niemand wollte mit ihm tauschen. Na gut, nicht alle. Es dürfte sich sicherlich jemand in der Welt finden, der behauptet, ohne Arme ginge es ihm besser.

Bei einer Krankheit, in diesem Fall einer Behinderung, ist es anders als bei der Schönheit, die ja im Auge des Betrachters liegt.

Was sagt Fuxige dazu?

21. Juli 2013 um 00 Uhr 36 (Permalink)

Amen.

Volle Zustimmung - auch zum Kommentar vom Westsideblogger. Oder, wie ich es mir und allen, die wollen, immer wieder neu hinter die Ohren schreibe:

Wir können uns unser Päckchen
nicht aussuchen.
Aber wir können üben,
es mit Würde zu tragen.

P.S. (frei nach Hector aka F. Lelord):
Vergleichen ist eine gute Methode zum unglücklich Sein.

Was sagt Michael Drews dazu?

21. Juli 2013 um 04 Uhr 07 (Permalink)

Durch Bewertungen aller Art, die dem Betroffenen nicht weiterhelfen, wird dieser lediglich behindert, an Entwicklung und teilweise gar Genesung.

Was sagt Hesting dazu?

21. Juli 2013 um 06 Uhr 53 (Permalink)

Meinst Du die "Kollegin" von OP-Tisch-Pilotin? wink

Es gibt leider körperlich eingeschränkte Menschen, die als Redner ganze Säle füllen. Der Name des Extrembeispiels - eines christlichen Fanatikers - ist mir Gott sei Dank entfallen.

Was sagt Michael Drews dazu?

21. Juli 2013 um 09 Uhr 38 (Permalink)

Zu dem Unterschied von körperlicher und psychischer Behinderung fällt mir ein Satz ein, der allzuoft in Gebrauch ist: "Ich glaube nur das, was ich sehe." Eine dümmere Aussage gibt nicht, denn wer etwas sieht, der glaubt nicht mehr, sondern der weiß es.

Was sagt gedankenknick dazu?

21. Juli 2013 um 09 Uhr 54 (Permalink)

@Michael Drews:
Diese Aussage drängt sich auf, ist aber leider genauso falsch wie die Aussage: "Da ich daran glaube, ist es auch so." Mal von optischen Täuschungen abgesehen, die uns ständig vor die Füße fallen können, ist die Manipulation des Bildes so alt wie die Höhlenmalerein - und die Manipulation des Sehenden ist so alt wie der erste illusioistische Zaubertrick. Wenn ich ein Foto sehe - weder glaube ich sofort daran, noch weiß ich, dass es echt ist. Wenn ich mir den Film "The Crow" ansehe, merke ich nicht, dass einige Szenen aus dem Computerrendering stammen, weil der Hauptdarsteller bei einer pyrotechnischen Orgie während der Dreharbeiten das Zeitliche gesegnet hat. Und wenn ich einem guten Illusionisten zuschaue, dann weiß ich, dass es eine Illusion ist, obwohl ich sehe, dass es wahr sein muss, denn dieser läßt mich das sehen, was er will, und nicht etwa das, was den Trick aufdeckt.

Etwas zu sehen bedeutet nicht, etwas zu wissen. Es bedeutet nur, das man glaubt, etwas zu wissen... wink

Was sagt Michael Drews dazu?

21. Juli 2013 um 11 Uhr 41 (Permalink)

@Gedankenknick: Richtig ist: Da sie der Meinung sind, ist es richtig. Ihre Meinug ist eine Tatsache.

Was sagt Michael Drews dazu?

21. Juli 2013 um 12 Uhr 24 (Permalink)

@Gedankenknick: Mein Nachbar ist Querschnittsgelähmt und sitzt im Rollstuhl. Das glaube ich nicht, sondern das weiß ich, da ich ihn regelmäßig im Rollstuhl sitzen sehe und ich sehe wie er sich ins Bett quält. Dann auf das Thema der Erkenntnistheorie zu kommen wovon sie sprechen finde ich albern. Sie können gerne anderer Meinung sein. Ich lasse ihre Meinung gerne stehen, im Gegensatz zu ihnen, si maßen sich an zu beurteilen zu sagen das meine Meinung falsch sei. Das können sie nicht, sie können höchstens sagen sie sind anderer Meinung. Und genau da trifft das Thema den Punkt, den sie offensichtlich noch nicht verstanden haben, denn ansonsten hätten sie sich anders geäußert.

Was sagt psychoMUELL dazu?

22. Juli 2013 um 07 Uhr 52 (Permalink)

Menschen , gesund oder krank, werden doch immer bewertet. Ich denke, gesunde verpacken das nur besser.

Was sagt Flugdingsbums dazu?

22. Juli 2013 um 23 Uhr 56 (Permalink)

@HESTING - ich verstehe deinen kommentar nicht. was meinst du mit "kollegin" von mir?

@all (inklusive nsa, btw: hi, obama^^)
ich weiss nicht, wie es ist, sich psychisch schlecht zu fühlen. ABER: ich weiss, dass ich unabhängig körperlicher beschwerden trotzdem gute laune und freude an verschiedenen dingen haben kann. bestes beispiel: der süße arzt auf der intensiv, den ich trotz teils saumässiger schmerzen ziemlich nett fand, sodass ich mich immer wieder sehr freute, wenn er in mein zimmer kam. bei vielen psychischen erkrankungen ist das meines begrenzten (!) wissen nach, schwer bis unmöglich. darum empfinde ich persönlich meine krankheit psychisch als weniger kraftraubend, als eine psychische erkrankung.

Eigenen Senf dazugeben?

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