Tütenfutter
Kategorie: Vergangen
In der Unterstufe hatten wir „Kochen“. Das war in Wirklickkeit aufwärmen von Tütenfraß und sowas. Ich war enttäuscht, hatte ich doch bereits mit 11 Dinge wie Forelle blau erzeugt, allein und selbständig, ohne jede Hilfe jenseits des Kochbuches.
Das Fach hieß eigentlich Polytechnik und bestand aus Hauswirtschaft und Holzbearbeitung. Die extrem parfümierte Lehrerin diktierte uns in der ersten Stunde einen Text:
Wenn Mutti verreist oder krank ist: Auch dann wollen wir uns selbst helfen. Wir lernen...
Den Rest dieses Sermons habe ich gnädigerweise
vergessen, er beinhaltete Tätigkeiten wie Kochen und Nähen. An letzterem bin ich gnadenlos gescheitert, ich habe nie vermocht, einen Knopf anzunähen, der anschließend auch benutzbar fest hielt.
Aber das Kochen:
Naja, in der Schule habe ich das nicht gelernt. Siehe oben.. Ich habe lieber bei Mama in den Topf geguckt und Kochbücher gelesen. Mit Backen hatte es begonnen, das konnte ich schon sehr früh.
Also wagte ich mich auch ans Mittagessen. Meine Eltern waren einmal mittags nicht da, meine Schwestern auch nicht, aber ich hatte verkündet, zurechtzukommen und beschloss zum Beispiel besagte Forelle*1 zu machen. Ich ließ mir erklären, wo ich die Zutaten bekomme. Es gelang alles prima.
Und dann kam Polytechnik. Die wenig liebevoll „Stinkbombe“ genannte Lehrerin*2 ließ uns in der zumindest damals vorhandenen Lehrküche der Brüder-Grimm-Schule Kleinlinden fertige Tortenböden mit Dosenobst belegen und schlimmeres. Danach musste das Zeug auch noch gegessen werden. Was übrigblieb, musste eingetütet und zum späteren Verbrauch mitgenommen werden. Wahrscheinlich wanderte das aber eher in der Mülltonne.
Nun gab es einmal auch Würstchen mit Kartoffelpüree. Ich liebe Kartoffelpüree, aber das aus der Tüte finde ich bis heute eklig. Das ging allen so, und so wurde der größte Teil davon wieder mal in Plastikbeutel gepackt.
Ich steckte es in die vordere Tasche meines Scout-Schulranzens. Vielleicht erinnert Ihr Euch an diese Dinger. Die mit dem großen Teil für die Schulsachen und der kleineren Tasche drauf mit dem Reißverschluss. Besagte Tasche nutzte ich eigentlich vor allem manchmal für das Butterbrotpapier meiner Pausenverpflegeung, weil ich zu faul war, bis zum Mülleimer zu gehen. Und alle paar Monate*3 war das Ding dann voll und ich leerte es aus.
Dort hinein also tat ich die Tüte mit einem Würstchen und einer Ladung Tütenkartoffelbrei. Und vergaß es dort.
Zwar wunderte ich mich irgendwann, dass der Tornister ein wenig müffelte, aber vergessen ist vergessen und ich betrieb auch keine Ursachenforschung.
Dann kam der Tag, an dem ich mal wieder das Fach leerte. Und zwischen lauter Knäueln von Butterbrotpapier fischte ich auch eine gut verknotete Tüte mit einem undefinierbaren graugrünen Matsch hervor. Es dauerte ein wenig, bis ich mich erinnerte, woher das stammte. Am Geruch selbst war es nicht mehr zu erkennen, und am Aussehen schon gar nicht.
Außerhalb des Müllfaches entfaltete sich der Duft dann auch etwas besser.
Ich schaffte es irgendwie, das Zeug an meiner Mutter vorbei in die Tonne zu schmuggeln.
Erwähnte ich bereits, dass mir vor Tütenfraß graust?
- Anm. 1: Fisch zu essen und zu kochen und so fand ich einfach unheimlich erwachsen.
- Anm. 2: aus genannten Gründen. Ich mochte sie zwar auch nicht besonders, aber das fand ich dann auch nur begrenzt in Ordnung...
- Anm. 3: ich tat den Müll nicht täglich hinein, daher dauerte das etwas
Verzapft am 13. Februar 2022, so um 11 Uhr 37
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