Ulf. Mehr oder minder täglich Privatkram.

Gesichter statt Zahlen.

Kategorie: Meine unqualifizierte Meinung

Viele Dinge berühren nicht wirklich, wenn man nicht irgendwie betroffen ist. In der Zeitung liest man Fakten und Zahlen, im Geschichtsbuch ebenso. Viele Filme hingegen vermitteln (meist geschichtliche ) Ereignisse, indem sie diese in eine (manchmal wahre, manchmal ausgedachte, aber realistische) Story mit menschlichen Menschen einbetten, an deren Schicksal mitfieberungshalber die Bedeutung eindringlicher vermittelt wird*1.

Das gleiche gilt auch für die Gegenwart. Das Kosovo ist ein eher armes Land*2, das ist bekannt und den meisten Menschen ziemlich egal. Zumal wir hier auch Probleme dieser Art haben. Da ich dort aber mittlerweile Menschen kenne und damit deren Lebensumstände, wird das Elend konkret erfassbar. Denn ich resp. wir bekommen die Auswirkungen der Armut und des insgesamt desolaten „Systems“ dort sozusagen live mit.

Stell Dir vor, Du musst mit vierzig Euro eine ganze Familie satt bekommen. Stell Dir vor, es gibt keine Krankenversicherung, und Du musst den Arzt, der üblicherweise weniger Ahnung hat von Medizin als ein durchschnittlicher Zimmermann, direkt und selbst bezahlen. Macht in der Regel fünfzehn Euro, zuzüglich Medikamente*3. Schwupps, Haushaltskasse bei 25 Euro. Für Dich, Deinen Ehepartner und Deine Kinder.

Fließend Wasser hat nicht jeder. Auf dem Land sowieso nicht. Aber auch fließendes Wasser muss abgekocht werden. Deine Wohnung besteht aus einem einzigen Zimmer in einem etwas brackeligen Bau mit Ritzen überall, die Krankheiten anziehen, egal, wie sorgsam Du die Bude sauberhältst. Und dann haben wir wieder das Problem mit dem Arzt, den Medis und dem lieben Geld und dann dem Hunger, der Dich auch nicht widerstandsfähiger macht. Und wenn Du nicht zum Arzt gehst, weil die Infektion Dir nicht schlimm genug erscheint um den Etat zu sprengen, und sie sich ausbreitet...

Mag sein, dass es vor der Haustür genug Probleme gibt. Aber Freunde hat man eigentlich unabhängig von der Abstammung. Wir jedenfalls.

Verzapft am 28. Juli 2012, so um 20 Uhr 03

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Kommentare

Was sagt Michael Drews dazu?

28. Juli 2012 um 22 Uhr 13 (Permalink)

Den Kosovo kenne ich noch von meinem Fachabitur 1996, da hatten wir in Politik den Kosovo Konflikt bearbeitet. Ist aber schon eine Weile her. Das die dort so arm sind wusste ich nicht. Aber du hast Recht, viele Dinge kann man in ihrer Tragweite nur erfassen, wenn man alle Details kennt, und das kann man oft nur, wenn man das selbst miterlebt hat, oder sich sehr intensiv damit beschäftigt hat. Aber dazu sind die meisten Menschen viel zu sehr mit sich beschäftigt.

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