Jahr und Tag und was sicht tat.
Kategorie: Verrueckt
Vor einem Jahr und zwei Wochen wurde ich wieder krank. Beziehungsweise ich kapierte endlich, daß ich es erneut war. Anhand meiner Reaktion auf manche Kommentare und meine auf andere Art als sonst zynische Schreibe rekonstruiere ich, daß ich spätestens im August 2010 schon wieder dabeigewesen sein muß. Wieder
veränderte sich etliches in meinem Leben:
1.: Das Ende einer Ära.
Mein Leistungsniveau war schon eine ganze Weile stark gesungen, und meine Fehlerquote tat das Gegenteil. Mir wurde gekündigt. Nachdem ich, abgesehen von drei Monaten in einem Altenheim zwischen Zuvieldienst und Ausbildungsbeginn, dem Betrieb immer loyal(er als vielleicht manchmal sinnvoll gewesen) war. Ich war zutiefst verletzt. Ich kochte. Und das über Monate hinweg.
Ich hatte meinen Job so geliebt! Ich war immer der Meinung gewesen, im besten und menschlichsten Krankenhaus der Stadt zu schaffen. Und nun? Ich fühlte mich einfach und herzlos entsorgt.
Es dauerte, bis ich bemerkte, was ich eigentlich schon längst hätte kapieren müssen: Ich konnte diesen Beruf gar nicht mehr vernünftig ausüben. Ich hatte doch selbst schon gesagt gehabt, die Ära von Pfleger Ulf sei vorbei. Weshalb also rege ich mich auf? Wie unsinnig!
2.: Menschliche Aspekte.
Was mich auch hart traf: Ich hatte das Gefühl, meinen Ex- oder damals Noch-KollegInnen bin ich scheißegal. Womöglich waren die noch
froh, mich loszusein*1! Kein Schwein rief mich an, keiner interessierte sich für mich, so wie es aussah. Und dann hatten wir ja eigentlich für den Abschied von Teamkollegen immer bestimmte Rituale gehabt!
Vielleicht waren die nur schüchtern wegen der Situation? Ich bin ja auch nicht dahingegangen. Und das Abschiedsritual hätte auch vorgesehen, daß ich dort mit Kuchen antanze. Bin ich aber nicht. Und sonst? Das waren letztlich doch nicht meine Freunde, sondern nur KollegInnen, und Kontakt außerdienstlich hatte ich mit nemandem. Na also. Nur- ein Deprigehirn kann sich sehr gut mit solchen Dingen beschäftigen.
3.: Neuen Anfang suchen im Wollknäuel.
Irgendetwas mußte ja passieren, also kämpfte ich irgendwie um Arbeit, hospitierte in anderen Abteilungen wie Zentrale Sterilgutaufbereitung und Küche, ohne Erfolg, es paßte irgendwie nicht. Wobei ich das anders auffaßte. Einige Wochen später hörte ich dann die Gründe, was warum nicht gepaßt hatte. Sie waren einzusehen...
Ich hatte mich bereits mit dem Integrationsfachtdienst in Verbindung gesetzt, die sich um Schwerbehinderte und solche, die es werden wollen noch anerkannt werden müssen kümmern, um sie in ein möglichst normales Arbeitsumfeld zu integrieren. Und Reha beantragt.
Auf Drängen Empfehlung einer Dame in Lila, die die Dame in Schwarz ebenso kennt, hatte ich überdies einen Schwerbehindertenausweis beantragt. Und bekommen.
4.: Ausblick:
Nun habe ich mal wieder Anträge beantragt, um irgendwie integriert zu werden ins Erwerbsleben. Alle wollen, daß ich möglichst bald wieder ausgebeutet werden arbeiten kann. Und was will ich?
Ich will mich vor allem nicht nutzlos fühlen. Vor allem aber eines nicht mehr: ausgenutzt, ohne Rücksicht auf mich!
Fühle ich mich allerdings auch nicht untätig. Ich tu ja etwas. Ich höre Musik.
Ich denke, das gezungenermaßen immer effizenter werden müssende Arbeiten, die immer effizienter ausgenutzt werdende Arbeitskraft, das schaffe ich nicht mehr. Übers Jahr ist manches viel besser geworden, doch nicht alles wirklich gut.
Doch ich bin zuversichtlich. Denn es gibt so viele andere Dinge im Leben.
- Anm. 1: Ehrlicherweise würde ich es ausgezeichnet verstehen!
Verzapft am 28. Februar 2012, so um 16 Uhr 52
Kommentare
Was sagt dazu?
28. Februar 2012 um 20 Uhr 01 (Permalink)
Deins zu lesen lässt mich über meine Situation nachdenken. Was bitteschön will denn ich? Ich bin momentan dem Boden recht nahe, fühle mich nicht fähig zur Leistung. Will ich WfMmB? Eigentlich nicht. Fühle ich mich bereit, eine eigene Wohnung zu beziehen und eine WfbM in einer anderen Stadt zu besuchen? Eigentlich nicht. Ich bin seit letzter Woche krank geschrieben, bin ich verpflichtet, jetzt schon die nächsten Schritte anzugehen? Weiß nicht, ich bin müde. Mein derzeitiges Medi kann ich nicht höher dosieren, sonst spielt mein Darm verrückt. S.* fragte mich, warum ich nicht irgendwas mache. Gute Frage. Weil es einfach nicht geht? Wie würde ich am liebsten Leben? Ohne die so genannte Krankheit, die so normal für mich ist, dass ich sie nicht als Krankheit erkenne. Sie macht mich nur, und das fällt mir auf, zu jemand, der einfach anders ist als die meisten anderen Menschen. Ich spiele kein Instrument, wenn ich eines spielte, wäre ich am liebsten in einer Band und einfach nur der Psycho, der ich bin. Der an guten Tagen einfach mal eine Verpflichtung ausfallen lässt, weil es ihm gut geht. Ulf, du hast immerhin eine Frau, ich mag sie sehr, ich fühle mich für eine solche Beziehung auf Dauer einfach unerträglich, einem Partner nicht zumutbar. Nein, kein Neid, falls ich den Eindruck erwecken könnte. Halt das Gute fest und lass das schlechte wegfallen. Das wäre ein guter Rat, wenn das ginge, so ist es nur ein blöder Spruch. *S. ist eine Cousine meiner Cousine und Cousins.
Was sagt psychoMUELL dazu?
01. März 2012 um 08 Uhr 30 (Permalink)
Man muss damit leben lernen. Das geht mal schlechter und mal etwas besser. Ganz ohne denke ich nicht - weil ich es zu lange habe.
Aber im Laufe der psychischen Erkrankung kann sich diese durchaus mal verändern - ich bin seit kurzem bipolar. Leider viel mehr depri als hypoman.
Was sagt Himmelstür dazu?
02. März 2012 um 19 Uhr 52 (Permalink)
Auch ich habe die schwarze Lady vor 9 Jahren kennengelernt. Es war eine schmerzliche aber auch heilsame Erfahrung für mich. Die schwarze Lady wollte mich nieder machen.Aber ich habe "Gott seis gedankt" in dieser Zeit eine Kraftstelle gefunden, zu der ich immer wieder hin gehen konnte und neue Kraft für den jeweiligen Tag tanken konnte. Ich habe gelernt im Hier und Jetzt zu sein. Ich habe gelernt meine Sorgen, Ängste, Probleme, meine Gefühle usw. mit dieser Kraftquelle zu teilen, ich muss jetzt nicht mehr all dies mit mir alleine herumtragen und alleine mit mir aus machen. Ich fand wieder zum Leben zurück, Schritt für Schritt baute sich (wie kleine Bausteine) mein dasein wieder auf. Dank dieser Kraftquelle bin ich wieder voll im Leben. Die guten Gefühle kamen langsam aber immer sicherer zurück, es stellte sich ein unglaublicher Friede und Liebe in meinen Herzen ein. Dieser Friede und Liebe ist manchmal so überwältigend , dass ich sogar manchmal vor Freude weinen kann. Ist das nicht unglaublich ?Die schwarze Lady musste sich immer weiter von mir entfernen, so dass ich sie nach ca. 4 Jahren nur noch in der Ferne winken sah. Und heute kann ich nur noch erahnen wie sie ausgesehen hat.Ulf wenn ich deine Berichte lese tut es mir weh im Herzen, am liebsten würde ich dich zu dieser Kraftquelle führen. Ich würde es dir von Herzen gönnen, dass auch du einmal vor Freude im Herzen weinen und springen könntest.Wahrscheinlich ahnst du schon von welche Kraftquelle ich spreche, und ich befürchte dass du dich bisher aus Überzeugung davor fern gehalten hast. Vielleicht habe ich dich ein wenig nachdenklich gemacht?
Was sagt Ulf, der Größte, dazu?
Kommentar vom Scheff hier am 02. März 2012 um 20 Uhr 01 (Permalink)
Du kannst nur von meiner Frau sprechen. Die ist nämlich die beste Kraftquelle der Welt.
Was sagt Daflow dazu?
13. März 2012 um 10 Uhr 42 (Permalink)
Diese Gedanken und Gefühle im Netz so einfach public zu machen ist ein Zeichen von großem Selbstbewusstsein das in euch allen die hier schreiben schlummert.
Ich persönlich musste auch schon so einige Rückschläge in Kauf nehmen (im Berufsleben) bedingt durch meine Stoffwechselerkrankung im Gehirn, doch das Glück stand mir immer zur Seite im "Nichtarbeitsleben". Wir ernten was wir sähen und ich denke wennb ihr ab und an eine Gute Tat vollbringt dem steht das Glück auch euch zur Seite.
Mit freundlichen Grüßen Daflow
Es hilft, sich einen Account anzulegen und sich anständig zu betragen. Dann kannste auch kommentieren.