So friedlich wie einst Woodstock. Nur ohne Hippies. Und mit besserer Musik.
Kategorie: Kultur
Full Metal Intercity:
Schon in der Eisenbahn schienen die meisten dasselbe Ziel wie wir zu haben. Denn sicherlich die Hälfte derer, die im Intercity gen Westerland saßen, waren entsprechend herausgeputzt, wie sich das für einen solchen Anlaß geziemt: Mindestens schwarz oder besser noch mit Festival-T-Shirt und so. Und tatsächlich, wer mit uns im Wagen saß stieg auch in Itzehoe aus. Von dort aus waren Shuttlebusse unterwegs, die uns in das größte Kuhkaff der Welt schaffen sollten. Leider hörten die Fahrer Radio, und das Programm paßte nicht wirklich. Netterweise verscheuchte unser Fahrer jemanden, daß meine Liebste sitzen konnte. Trotzdem wir Stehenden uns sehr quetschen mußten, war die Stimmung ausgezeichnet und die Sprachen sehr international.
Full Metal Village:
Das legendäre Dorf der Gebangten empfing uns mit offenen Armen, die als solche erkennbaren Eingeborenen hatten ganz offensichtlich ihre helle Freude am schwermetallischen Volk. Und machten neben jeder Menge Späßen auch ein recht gutes Geschäft mit Speis' und Trank und Merchandising-Produkten wie dem Extra-Offiziellen-Wacken-Kaffee, der in der Tat ausgezeichnet schmeckte.
Wir checkten ein und gurkten nach einem Orientierungsgang über das Gelände in unser Quartier, denn wir wollten ja fit sein zum Größten Fest der Metalheads der Welt. Packten dann unseren mit dem Armbändchen erhaltenen Sack aus. Gutscheine, Informationsmaterial und diverser Krempel, was man eben so braucht. Und jeweils ein Kondom. Ich war allerdings ein wenig enttäuscht, als ich feststellen mußte, daß es aus Gummi war und nicht aus Stahl, Chrom oder Eisen. Das müssen die noch verbessern, finde ich.
Full Metal Jackett:
Tatsächlich liefen mir auf dem Festival auch Menschen im Jackett über den Weg: Die Kopie der Blues Brothers. Ein paar sahen auch eher nach Love Parade aus als nach Metal, so in neongrünem Anzug, und einige im Fußballdress. Doch der größte Teil kam standesgemäß und kann in verschiedene Gruppen eingeteilt werden:
1.: Der Klassiker kommt vor allem mit seiner Kutte zu Jeans und derartigem. Kuttenträger sind allerdings nicht sehr häufig, die weitaus meisten kommen als
2.: Freizeitmetaller wie wir. Dresscode hier: Metal-T-Shirt oder vergleichbares, der Rest ist unterschiedlich. Die meisten hiervon tragen Wacken-Shirts, vor allem das aktuelle. Sonst Band-Shirts. Hier herrscht Motörhead vor, danach kommen Amon Amarth, aber auch rechtsextreme Bands wie Dimmu Borgir und Burzum. Hardrocker, Pioniere wie Led Zeppelin und sonstige in die richtige Richtung orientierte wie AC/DC kommen auch vor. Nietenarmbänder etc. kommen vor.
3.: Rock mit Rock: Ich sah in Wacken mehr Männer im Rock als Frauen. In der Regel waren dies Schottenröcke, was mit dem auf dem Gelände stattfindenden schottischen Sport zu tun haben mußte. Dieser fand im Wackinger Village statt, dort betrieben die VeranstalterInnen auch noch weitere Bespaßung mit Treiben, welches die meisten für mittelalterlich hielten. Knöchellange schwarze Röcke hingegen oder auch knöchellange Ledermäntel (bei der Hitze!) zeichneten den Black-Metalhead aus.
Full Metal Plauze
Eisen ist Metal(l). Fleisch enthält Eisen. Ergo ist Fleisch des Metallers Lieblingsspeise und war an den meisten Freßbuden zu bekommen. Doch auch für vegane Bleichgesichter ward gesorgt, unter anderem mit Tofu-Döner, den ich aber nicht versuchte. Ich habe bisher noch keine erfreulichen Erfahrungen mit Tofu gemacht.
Ansonsten: Saubere Schonts (aber so stark frequentiert, daß Mann zu sein doch recht nützlich war). Gute und recht teure Verpflegung, wobei die Penne Bolognese wie eingeschlafene Füße schmeckten, aber andere Sachen waren schon OK.
Wir schienen die einzigen zu sein, die nicht besoffen waren. Das machte aber nichts, ich konnte nirgendwo auch nur den geringsten Ansatz von Aggressionen feststellen. Ein paar mußten natürlich abtransportiert werden, und ich fragte mich, ob das der Sinn der immerhin 120 Euro teuren Veranstaltung sein konnte, vor sämtlichen Top-Acts wie Ozzy Osbourne, Judas Priest, Sepultura und Motörhead schlappzumachen. Aber: Alle waren lieb zu einander. Wie in Woodstock. Nur ohne Hippies, aber mit besserer Musik.
Verzapft am 08. August 2011, so um 08 Uhr 02
Kommentare
Was sagt Wiesodenn dazu?
08. August 2011 um 15 Uhr 00 (Permalink)
Meine beiden Söhne kamen letzte Nacht von Wacken in die Schweiz zurück. Sie waren schon mehrmals dort. Ich konnte leider noch nie mitgehen.
Auf unserer Terasse steht
Was sagt Zero the Hero dazu?
08. August 2011 um 19 Uhr 24 (Permalink)
Wacken war wieder nett dieses Jahr, es entwickelt sich aber leider immer mehr zur Metal-Kirmes
Die Freßbuden sind...äääähm...gewöhnungsbedürftig.
Lieber selber was mitnehmen. Grill kann man von den Zeltnachbarn mal ausborgen, die helfen gern.
Ansonsten: das 3. Bild ist eine Fälschung, die Ortseingangsschilder werden seit Jahren traditionell vorm Festival abgebaut oder schlicht geklaut
Was sagt Deathcore4life dazu?
24. August 2011 um 14 Uhr 35 (Permalink)
Bessere Musik ist wichtiger als fehlende Hippies. Aber beides in Kombination ist WAAAAKEN. Ich war auch das ganze Festival über nicht besoffen und fand einige Exzesse auch gruselig, aber einmal im Jahr kann man's schon machen. Nächstes Jahr Lineup schon bekannt? Ich finde die Berlinerszene holt gerade ganz schön auf, mit FMWF (wer die noch nicht kennt, soll mal [a href=http://rock-musik.ch/fat-mans-war-face-their-hearts-beat-hardcore]hier schauen[/a]) und noch anderen. Vielleicht sind die ja nächstes Jahr auch dabei.
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