Ulf. Mehr oder minder täglich Privatkram.

03. April 2009

Vergackeiert

Kategorie: Verdingt

Der Dienst war ganz amüsant, außer, daß wir einen Patienten mal eben urologisch operieren lassen mußten. Ein Ei mußte raus. Der Nebenhoden hatte sich derart entzündet, daß das ganze Ei abgestorben ist.
Der Mann ist schwer krebskrank, aber wir haben ihn gut aufpäppeln können. Die Operation ist eher psychisch belastend (zur Hälfte kastriert) als gefährlich.

Einer Praktikantin erklärte ich, daß das im Grunde nur ein sehr kurzer und kleiner Eingriff ist. Sie fragte mich, ob das denn auf der Station gemacht würde. Perfekte Vorlage! Natürlich machen wir das auf der Station, so kleine Sachen machen sogar wir Pflegekräfte selbst. Und ich erklärte ihr, wie ich vorzugehen gedächte. Lokalanästhesie, dann mit einem Skalpell den vorher desinfizierten Hodensack öffnen. Mit einem Metallclip wird die Blutversorgung und der Samenleiter abgeklemmt und dann durchtrennt. Raus mit dem Ei, zunähen, fertig. (Und so wird es in Wirklichkeit gemacht)

Ob sie zugucken dürfte dabei? Natürlich...

biggrin

Ich kann wunderbar dummes Zeug erzählen, ohne mit der Wimper zu zucken.
Den Rest lesen ]

[ 06 Uhr 09 ] - [ 3 Kommentare ]

01. April 2009

Mit der Nagelpistole

Kategorie: Verdingt

Ich halte Humor für sehr wichtig, auch, oder besser: besonders im Krankenhaus. Das ist eine sehr anspruchsvolle Aufgabe. Nicht jeder Scherz ist für jeden gleichermaßen geeignet. Der eine ist pikiert, der nächste
Den Rest lesen ]

[ 04 Uhr 56 ] - [ Noch kein Kommentar ]

26. März 2009

Diagnose

Kategorie: Verdingt

1999. Pfleger Ulf studiert einen alten Arztbrief eines neuaufgenommenen Patienten. Man will ja schließlich möglichst viel über ihn wissen.

Diagnose unter anderem: Metastasierende Diarrhoe.

Ist eventuell das hier damit gemeint?

[ 11 Uhr 14 ] - [ 5 Kommentare ]

08. März 2009

Pfropfen

Kategorie: Verdingt

Bei Atemnot gibt man oft Sauerstoff über einen Schlauch, der Sauerstoffbrille genannt und vor die Nasenlöcher gehängt wird.

Diese Dame hatte Atemnot. Ohne Sauerstoffgabe ging die Sättigung schnell in den roten Bereich. Bettlägerig war sie, zwar wach, aber sie sprach fast gar nicht- Demenz.

Bis mir eines Tages auffiel, daß sie zwar sehr schlecht Luft bekam, aber untypischerweise nicht um Luft schnappte, sondern den Mund geschlossen hielt und nur den Riechkolben zum Atmen benutzte. Da schob ich die Sauerstoffbrille beiseite und guckte mir das dann näher an. Und holte mir eine Pinzette und Zellstoff. Ich zog in Gegenwart meiner erbleichenden Auszubildenden aus jedem Nasenloch einen ungefähr fünf (!) Zentimeter langen Popel, der sich kegelförmig verjüngte und dessen Konsistenz am dickeren, "auswärts" gelegenen Ende typisch grün-popelig war und zur Spitze hin immer schleimiger wurde. Während meine Azubine damit kämpfte, nicht in den Papierkorb zu erbrechen, zeigte ich meine Beute den faszinierten KollegInnen und Doktoren.

Sauerstoff war nicht mehr nötig.

[ 06 Uhr 00 ] - [ 1 Kommentar ]

03. März 2009

Ziegenstall

Kategorie: Verdingt

1991.

Sie roch intensiver nach Ziegenstall als ein echter Ziegenstall.

Weswegen sie kam, weiß ich nicht mehr. Nur, daß sie niemanden in ihre Wohnung gelassen hatte, Pflegedienst nicht und Familie auch nicht. Letztere bestellte anläßlich des Krankenhausaufenthaltes unter anderem einen Kammerjäger.
Sie selbst trug auch einiges an Tierchen auf ihrem Kopf, aber die waren dank chemischer Keule schnell hinüber. Schwieriger war der Gestank. Die gesamte Station stank. Wir duschten sie zweimal täglich. Nach zwei Wochen roch es nur noch im Zimmer, wo sie gerne in die Ecken rotzte.

[ 06 Uhr 00 ] - [ Noch kein Kommentar ]

18. Februar 2009

Freund Hein.

Kategorie: Verdingt

Oft werde ich gefragt ob es mich nicht belastet, mit so vielen Schwerstkranken und Sterbenden zu arbeiten.

Nein, tut es nicht. Im Gegenteil.
Ich beziehe viel positive Energie gerade aus dieser Arbeit. Mag sein, daß das seltsam klingt. Doch ist die Sterbebegleitung eine der anspruchsvollsten und auch erfüllendsten Aufgaben in der Pflege.
Die meisten finden im Team ein, zwei Bezugspersonen, und zumeist sind diese dann auch gleichzeitig die Bezugspersonen für die Angehörigen. Trifft es mich, dann bin ich Vertrauensperson für die Betroffenen. Das Verhältnis bleibt zwar professionell, wird aber dabei sehr intensiv.

Wenn es mir gelingt, jemandem auf seinem schweren Weg eine gute Stütze zu sein, dann bin ich glücklich und zufrieden. Und ich denke, mir gelingt es recht gut, im richtigen Augenblick die richtigen Worte zu finden- oder auch zu schweigen. Und unaufdringlich Präsenz zu zeigen und das Gefühl zu vermitteln, nicht alleine gelassen zu werden.

Ich betrachte den Tod nicht als Gegner.

[ 22 Uhr 03 ] - [ 3 Kommentare ]

05. Februar 2009

Überbackener, angebrannter und gleichzeitig verfaulender Rosenkohl

Kategorie: Verdingt

LESEN AUF EIGENE GEFAHR!

1998
Das linke Bein war amputiert. Der Neunundzwanzigjährige hatte dort einen sehr seltenen, aber umso bösartigen Tumor gehabt. Ein Teil der Hüfte war auch mit draufgegangen, aber mit dem deshalb angelegten künstlichen Darmausgang und der Beinprothese war er bislang gut zurecht gekommen, hatte das Studium wieder aufgenommen und nebenher an der Kinokasse Geld dazuverdient.

Jedoch brach nun, als er wegen einer kleineren Darmgeschichte bei uns lag, wieder etwas Tumor durch. Es roch etwas, uns seinen Eltern wurde klar, daß es nun wirklich ernst wurde. Er selber ignorierte die stinkende Stelle vollkommen, bis zuletzt.

Der Vater war total verschlossen, mauerte, blockte ab. Die Mutter machte und tat.

Zunächst war der Durchbruch nur ein kleines Problem, außer, daß es dort gelegentlich aus kleinen Arterien herausspritzte. Wir waren gut versorgt mit speziellen, sehr teuren Kompressen, die die Blutung erstmal stoppten.

Doch das Ding wuchs. Und roch unbeschreiblich. Ich habe seitdem nie wieder so etwas gerochen, und ich rieche sehr vieles, was schlimmer als alles an Gestank ist, was ihr jemals gerochen habt. Verwesung ist NICHTS dagegen. NICHTS. Es war unglaublich. Selbst gestandene Krankenschwestern mit zwanzig Jahren Berufserfahrung gingen in die Knie.
Es sah aus wie überbackener, angebrannter und gleichzeitig verfaulender Rosenkohl. Und für den Geruch fehlen einfach die Worte. Selbst im Dienstzimmer konnte man das noch riechen, auf eine recht weite Entfernung und durch zwei geschlossene Türen hindurch.

Schließlich nahm die Erscheinung die Größe von 1 1/2 Din-A-4-Blättern ein. Von einer Seite auf die andere, und irgendwann kam dort, statt aus dem künstlichen Darmausgang, Stuhlgang heraus.

Er war jung.
Es dauerte sehr lange.
Als er bei mir verstarb, hatte ich große Mühe, die Eltern zu betreuen. Insbesondere den Vater, aus dem nun alles herausbrach. Ich überlegte, für ihn den Dienstarzt zu holen.

Ich machte ihn zurecht, während die Eltern draußen warteten und die Schwester eintraf. Um den unglaublichen Gestank ETWAS zu reduzieres, goß ich einen halben Liter Jod auf dieses Etwas und wickelte eine dicke Schicht Inkontinenzvorlagen und Plastikfolie drum. Was allerdings nur wenig half.

Er kam nicht in die Prosektur. Der Bestatter holte ihn direkt von der Station ab. Auf einer Trage mit einer art Leichensack samt Reißverschluß.

[ 06 Uhr 00 ] - [ 4 Kommentare ]

04. Februar 2009

Gute Besserung

Kategorie: Verdingt

Ich hatte mal eine Patientin, díe hatte eine Pankreatitis (Bauchspeicheldrüsenentzündung). Daraus wurde eine nekrotisierende Pankreatitis. Bei der Nekrose bildete sich ein Riesenabszeß, es hat die halbe Bauchspeicheldrüse zerhauen. Der Bedarf an Betäubungsmitteln wurde rekordverdächtig. Wir legten endoskopisch eine Spüldrainage ein. Trotzdem wurde es immer schlimmer. Kein Antibiotikum, was sie nicht schon bekommen hatte. Nach einigen Wochen mußten wir sie auf die Intensivstation verlegen, wo sie wochenlang ums nackte Überleben kämpfte.

Ich hatte ein paar Wochen Urlaub, dann folgten ein paar Wochen Klapse.

Als ich wieder arbeitete, bekam ich eine Neuaufnahme zur Kontrolluntersuchung. Sie kam mir irgendwie bekannt vor, ich konnte aber diese fitte, dynamische Mittsechzigerin, das blühende Leben, Haare aufwändig frisiert, geschminkt und apart, nich recht einsortieren- bis ich auf den Aufklebern den Namen las.

[ 06 Uhr 00 ] - [ Noch kein Kommentar ]

03. Februar 2009

Solch ein Tag...

Kategorie: Verdingt

...kann ja nur gut sein.

Kein einziger Patient schlecht gelaunt (SELTEN!!!), sogar eine schwerst krebskranke Patientin, die seit Weihnachten nicht ein einziges mal ansatzweise gelächelt hatte, strahlte mich an und äußerste sogar mal einen Wunsch. Haare waschen. Kein Problem- das Equipment, Haare im Bett zu waschen, haben wir.

Eine weitere Patientin, die fachfremd bei uns lag mit Depression, wurde heute entlassen. Ich hatte (was ich normalerweise NIE tue bei Patienten) nach ihrer Diagnosestellung mit ihr gesprochen, von mir und meinen Erfahrungen (natürlich nur auszugsweise) berichtet und bin gelegentlich im Auftrag meiner eigentlich zuständigen KollegInnen dort gewesen.
Sie sagte zum Abschied zu mir, daß ich ihr wirklich weitergeholfen und Mut gemacht habe.
Herz, was willste mehr!

[ 19 Uhr 06 ] - [ 1 Kommentar ]

27. Januar 2009

Schmerz zufügen

Kategorie: Verdingt

Es tut weh, wenn man jemandem weh tun muß, den man eigentlich sehr gerne hat. Aber manchmal muß man so etwas tun als Profi, und jemandem eine unangenehme Wahrheit sagen. Auch wenn man genau weiß, was dann in ihm vorgehen wird, wie er sich fühlen wird.

*seufz*

Ist nicht ganz einfach, wenn verschiedene Rollen miteinander kollidieren.

[ 14 Uhr 01 ] - [ 3 Kommentare ]

03. Januar 2009

Nicht mit mir!

Kategorie: Verdingt

In einem Forum bekam ich folgende PN:
hi,
ich bins nochmal
also du arbeitest doch im krankenhaus, oder?
wenn du da einfach zugang zu rezeptpflichtigen ADs und schmerzmitteln hast koennte ich dir eine kooperation anbieten. interesse?
da haette jeder was davon...


...es war nicht die erste. Als ich ihm schrieb, daß ich ihm bereits geschrieben hätte, daß ich a) kein unredlicher Mensch sei und b) kein Bedürfnis hätte, meinen Arbeitsplatz aufs Spiel zu setzen (Medikamentendiebstahl bedeutet fristlose Kündigung) und er mich c) zu einer STRAFTAT anstiften wolle, weshalb das jetzt an den Admin weitergeleitet würde, da fing er an zu winseln.

Arschloch.

[ 09 Uhr 01 ] - [ 6 Kommentare ]

14. Dezember 2008

Abgrenzung

Kategorie: Verdingt

Oft werde ich gefragt, wie ich damit zurecht komme, dem Leid der PatientInnen, ihren Sorgen und Problemen und denen anderer, die ich anspreche, weil ich spüre, daß sie ein Problem haben. Ich habe dafür ein Gespür. Zwangsläufig. Das muß mich doch belasten, zumal ich ja selber krank bin und lange in der Psychiatrie war.

Nein, tut es nicht.

Denn die Probleme und Leiden anderer sind nicht meine Probleme und Leiden. Nein, egal sind sie mir auch nicht, oh nein. Aber nicht MEIN PROBLEM.

Außerdem sitzt man in der Klapse, insbesondere in der geschlossenen, viel beieinander und unterhält sich dabei auch nicht gerade über Radieschen und Karnickelzucht.

[ 18 Uhr 19 ] - [ Noch kein Kommentar ]

10. Dezember 2008

Lebensqualität

Kategorie: Verdingt

Frau H. (todkrank, der ganze Körper voller Krebs und schon sehr lange bei uns stationär) hielt das für einen Scherz, als ich ihr mein Vorhaben morgens unterbreitete. Mittags war es dann so weit: Mit einem Maximum an Überzeugungsarbeit wickelte ich sie in zwei Bettdecken ein und wuchtete diese Wurst in den Rollstuhl, befestigte irgendwo im Gewühlt den Ablaufbeutel des Blasenkatheters. Mütze auf, Rolli in die eine, Infusionsständer in die andrere Hand, und ab ging es in den frostigen PatientInnengarten. Dort hielt sie es immerhin fünf Minuten aus und freute sich. Dann mußten wir der Kälte wegen wieder zurück.
Aber im Zimmer wollte sie dann doch noch eine Weile sitzenbleiben.

Frische Luft. Ein Stück Lebensqualität.

[ 06 Uhr 00 ] - [ 3 Kommentare ]

14. November 2008

Es macht sich bemerkbar.

Kategorie: Verdingt

Simone behauptete, ich sei dünner geworden. Oder weniger dick. Und Bea zwang mich auf die Stationswaage. Zu Hause bestätigte sich das Ergebnis: Ich habe vier Kilo abgenommen!

Eigentlich ganz schön, daß die Hosen nicht mehr so stramm sitzen. Doch heute bekam ich Probleme ausgerechnet auf einem Isolierzimmer (MRSA), wo ich eine eingekotete Patientin saubermachte. Ich merkte nur noch, wie meine Hose unter dem Schutzkittel in die Kniekehle rutschte.

Und hochziehen ging in dieser Situation nicht und in dieser Montur schon gar nicht.

[ 21 Uhr 29 ] - [ 3 Kommentare ]

29. Oktober 2008

Zufrieden II

Kategorie: Verdingt

Für mich war es eine gewöhnliche, aber wie immer individuelle Sterbebegleitung über mehrere Tage. Wobei die Angehörigen wie meistens den größten Teil der Begleitung brauchten in ihrer Hilflosigkeit.

Die Veränderungen zogen sich über Tage hin von dem Zeitpunkt an, an dem ganz klar war, daß kurativ hier nichts mehr zu machen war.

Ich kochte Kaffee und Tee. Ich erklärte die Atemveränderungen (Cheyne-Stokes-Atmung, später dann Schnappatmung), die Farbveränderungen (Zyanose), den Sinn und Zweck jeder einzelnen Spritze, die sie bekam. Und versuchte, ihnen die Angst und die Unsicherheit zu nehmen.

"Wie geht man mit einem sterbenden um? Machen wir das richtig? Ach nein, sicher ist alles falsch."

Ich denke, ich habe es gut geregelt bekommen. Montag mittag, kurz vor meinem Schichtende, entschlief sie. Und die Angehörigen waren zufrieden. Jedenfalls bekam ich heute nochmals extra-Spezialgrüße nur für mich von ihnen durch die Vizechefin ausgerichtet. smile

[ 15 Uhr 38 ] - [ 3 Kommentare ]

neuere Beiträge | ältere Beiträge